Zum Auftakt der Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst drängt der Präsident der kommunalen Arbeitgeber (VKA), Thomas Böhle, die Gewerkschaften zu Abstrichen. Eine „angemessene Lohnerhöhung“ will er aber zahlen – und bis Ende April fertig sein.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - An diesem Montag beginnen in Potsdam die Tarifverhandlungen für Bund und Kommunen.

 

Die Gewerkschaften Verdi und Deutscher Beamtenbund fordern sechs Prozent – die Arbeitgeber weisen auf die Risiken vor allem für die Städte und Gemeinden hin.

Herr Böhle, eine Gewerkschaftsforderung abzulehnen, gehört zum Ritual. Dennoch: fällt es Ihnen diesmal leichter als sonst?
Die Forderung ist kühn. Sie ist die höchste, die 2016 bisher von einer Gewerkschaft erhoben wurde – und das bei einer Inflation von gegenwärtig null Prozent.
Viel zu hoch für die kommunalen Haushalte?
Die kommunale Verschuldung beträgt aktuell 144,5 Milliarden Euro. Einen Rekord haben wir auch bei den Kassenkrediten mit 51,5 Milliarden Euro. Insofern ist die Situation für viele dramatisch – ein Viertel aller Kommunen ist nach wie vor in der Haushaltssicherung. Wir müssen uns an denen orientieren, die massive Probleme haben. Insofern wird das Ergebnis weit von den sechs Prozent entfernt sein.
In der Lohnrunde 2014 gab es 5,4 Prozent für zwei Jahre. Werden Sie an dieses Niveau anknüpfen?
Diesmal haben wir zwei Besonderheiten: Nach fast zehnjährigen Verhandlungen werden wir wahrscheinlich die neue Entgeltordnung zum Abschluss bringen. Weil sie Kosten verursacht, gibt es sie nicht umsonst. Daher haben wir schon 2013 mit den Gewerkschaften im Grundsatz eine angemessene Kompensation vereinbart, so dass in der Abschlusshöhe weitere Abstriche gemacht werden müssen.
Die zweite Besonderheit?
Da geht es um die Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst. Gegenüber den Ländern haben die Gewerkschaften im vorigen Jahr bereits Entgegenkommen gezeigt. Wir erheben den Anspruch, dass dies auch bei uns der Fall sein wird.
Verdi verlangt, dass die Arbeitgeber erst mal den Handlungsbedarf nachweisen sollten?
Der Handlungsbedarf ergibt sich von selbst. Bei der Konstruktion der Zusatzversorgung war man von ganz anderen Voraussetzungen ausgegangen. Die Alterung der Bevölkerung und die anhaltende Niedrigzinsphase trifft alle Versorgungskassen. Es wird höchste Zeit, das zu berücksichtigen, um sie zukunftssicher zu machen. Da erwarten wir, dass sich die Gewerkschaften auch uns gegenüber bewegen.
Der Bundesinnenminister dürfte sich wegen der hohen Steuereinnahmen mit Lohnerhöhungen leichter tun.
Wir haben im Bund immer einen verlässlichen Verhandlungspartner gehabt, der die kommunalen Belange berücksichtigt.