Die Angst vor der Vogelgrippe geht um. Landwirte und Kleintierzüchter in der Region machen sich Sorgen um die Ausbreitung des Virus. Bislang gibt es jedoch nur einen Fall im Landkreis. Kommen weitere hinzu, so droht dem Federvieh die Stallpflicht.

Noch ist die tote Graugans im Stadtpark von Leonberg der einzige Vogelgrippe-Fall im Kreis Böblingen. Doch das könnte sich ändern. „Generell ist das Risiko einer weiteren Verbreitung für Wildvögel und Nutzgeflügel flächendeckend hoch“, erklärt Benjamin Lutsch, ein Sprecher des Veterinär- und Landratsamtes auf Anfrage. Das Virus habe sich bis vor einigen Jahren noch saisonal verbreitet, und zwar zu Frühlingsbeginn, wenn die Zugvögel aus den Überwinterungsgebieten zurückkehrten. „Mit dem Klimawandel und dem Phänomen, dass viele anfällige Vögel wie beispielsweise Wildgänse nicht mehr in den Süden fliegen, besteht nun ganzjährig die Gefahr der Verbreitung“, so Benjamin Lutsch.

 

Gibt es weitere Vogelgrippe-Fälle, kommt die Stallpflicht

Solange es bei dem Einzelfall im Leonberger Stadtgebiet bleibt, sieht das Veterinäramt von einer Stallpflicht ab. Der Landkreis Böblingen fordert allerdings alle Geflügelhalter im gesamten Kreis auf, penibel auf Biosicherheitsmaßnahmen zu achten, um zu verhindern, dass der Virus sich auf Nutzgeflügel ausweitet. Sollten weitere Tiere, die an Geflügelpest erkrankt oder verendet sind, entdeckt werden, will das Landratsamt Böblingen weitergehende Maßnahmen erlassen und die Stallpflicht einführen, so der Sprecher des Landratsamtes.

Welche finanziellen Auswirkungen es hätte, wenn sich die Geflügelpest unter seinen Hühnern ausbreiten würde, darüber hat sich Christoph Scheible vom Hofgut Mauren noch keine Gedanken machen wollen. „Es geht ja nicht nur um das Wirtschaftliche, sondern auch um die Tiere“, sagt der Landwirt besorgt.

5000 Legehennen und rund 700 Masthähnchen hält Scheible derzeit in Stallungen auf dem Hof zwischen Ehningen und Holzgerlingen. Die Legehennen haben Frischluftzugang in einem überdachten und vogelsicher eingezäunten Wintergarten. Der Familienbetrieb hat die Schutzmaßnahmen und -vorkehrungen erhöht. Bislang grassiere das Virus ja eher im Stadtgebiet und unter Wildvögeln, so Christoph Scheible. „Aber die Angst, dass es unser Geflügel treffen kann, ist natürlich da“, sagt der Landwirt.

Aktuell bereiten die Gänse in Böblingen kaum Probleme

Beim Thema Wildvögel kommen immer auch die Gänse an den Böblinger Seen ins Spiel. Aber auch dort Entwarnung: keine Geflügelpest bislang. Rund 16 Tiere habe das Grünflächenamt in diesem Jahr bis jetzt gezählt, sagt Fabian Strauch, der Pressesprecher der Stadt Böblingen. Zu Hochzeiten waren es bis zu 90 Gänse. Ob die etlichen Maßnahmen zur Vergrämung der Gans-Population gefruchtet haben oder ob es nur ein kurzzeitiges Phänomen ist, wird man sehen.

Seit dem vergangenen Jahr sei das Füttern der Wasservögel verboten, das werde durch das Ordnungsamt regelmäßig kontrolliert, heißt es vonseiten der Stadt. Auch schwarze Amphibienzäune wurden auf den Inseln am Oberen See aufgestellt, um das Gebiet für die Gänsebrut unattraktiv zu machen. Mit Erfolg – das Brüten konnte dort weitestgehend verhindert werden, so Strauch. Nun soll auch die Insel am Murkenbachsee mit einem Blickschutz eingezäunt werden, um die Brut der Wasservögel auch in diesem Gebiet einzudämmen.

Der Platz im Stall könnte eng werden

Auch für die zahlreichen Kleintierzüchter im Kreis Böblingen ist die Vogelgrippe ein Thema. In Alarmbereitschaft sind sie aber noch nicht. Holger Leipersberger, Vorstandsvorsitzender vom Kleintier- und Vogelfreunde-Verein Herrenberg und Umgebung, hat schon mehrere Geflügelpest-Wellen miterlebt. Er sieht die Auswirkungen für seinen Verein als derzeit noch nicht so dramatisch an. „Bislang ist die Aufstallung der Tiere noch freiwillig“, erklärt er. Zur Sicherheit lässt er seine Hühner aber im Stall.

„Falls die Aufstallungspflicht noch kommt, könnte es allerdings beim ein oder anderen Vereinsmitglied zu einem Platzproblem kommen“, sagt der Geflügelzüchter. Denn der gefiederte Nachwuchs hat sich schon angekündigt. Und eine eigene Anlage besitzt der Verein nicht. Derzeit sammelt Leipersberger die Eier ein, die später in den Brutapparat kommen und aus denen dann nach 21 Tagen Küken schlüpfen. „Je älter die Hühner werden, umso mehr Platz brauchen sie“, erklärt er. Auf Ausstellungen oder Zuchtschauen müsse wegen der Vogelgrippe jedoch keiner verzichten. Diese finden sowieso erst vom Sommer an bis Weihnachten statt, weiß der Experte.

Vogelgrippe-Fälle in Baden-Württemberg

Virus
Die Geflügelpest wird auch Vogelgrippe genannt. Sie ist eine hochansteckende Infektionskrankheit, die vor allem bei Wasservögeln vorkommt. Das Risiko einer Übertragung auf den Menschen schätzt das Robert-Koch-Institut als gering ein.

Tübingen
In Kirchentellinsfurt und Tübingen-Lustnau (Landkreis Tübingen) wurden im Januar sechs verendete Schwäne aufgefunden und drei weitere Tiere mit verdächtigen Krankheitserscheinungen erlegt. Bei zwei der toten Schwäne wurde das Geflügelpest-Virus nachgewiesen. Bei den anderen Wasservögeln stehen die Untersuchungsergebnisse noch aus. Um eine weitere Ausbreitung zu verhindern, hat der Landkreis daraufhin eine Stallhaltung angeordnet.

Böblingen
Am 20. Januar wurde bei einer Graugans am See im Stadtgebiet Leonberg im Landkreis Böblingen die Geflügelpest festgestellt. Es ist bislang der einzige Fall im Kreis. va