Für die neue Arbeitswelt gründet das Heidenheimer Unternehmen einen eigenen Geschäftsbereich. Doch auch bei Papiermaschinen kommt wieder Freude auf.

Wirtschaft: Ulrich Schreyer (ey)

Stuttgart - Die Heidenheimer Voith GmbH stößt in neue Bereiche vor: Mit der Schaffung eines Konzernbereichs mit dem Titel „Digital Solutions“ will das Unternehmen sein Engagement im Bereich Industrie 4.0 voranbringen. Dies sagte der Vorsitzende der Konzerngeschäftsführung, Hubert Lienhard, bei der Vorlage der Bilanz für das Geschäftsjahr 2014/15, das am 30. September zu Ende gegangen war. Starten soll der neue Geschäftsbereich zunächst mit 600 Mitarbeitern und einem Umsatz von 250 Millionen Euro aus dem bisherigen Geschäft. Auch die Mitarbeiter sind bereits in einzelnen Sparten vorhanden. Nun soll ihre Arbeit in dem neuen Bereich gebündelt werden.

 

Lienhard wies darauf hin, schon heute gebe es bei Voith Aktivitäten, die in Richtung Industrie 4.0 gingen, so etwa die Wartung für von Voith gebaute Rangierlokomotiven oder die Steuerung des Einsatzes von Vorfeldfahrzeugen auf den Flughäfen Stuttgart und München. Mit dem Erwerb von 25,1 Prozent am Augsburger Roboterhersteller Kuka habe dies allerdings nichts zu tun. „Das Engagement bei Kuka bereitet uns sehr viel Freude“, sagte der Vorsitzende der Konzerngeschäftsführung. Dieses betrachte Voith als „strategisches Investment“ ohne direkten Bezug zu den eigenen Industrie-4.0-Aktivitäten. So gebe es auch keine gemeinsamen Projektgruppen von Voith und Kuka. Der Einstieg bei Kuka habe etwa 500 Millionen Euro gekostet, sagte Lienhard.

Zuversichtlicher als bisher blickt das Unternehmen wieder auf das Geschäft mit Papiermaschinen. Dabei setzt Voith vor allem auf das mittlere Segment von Maschinen, die Papier für Verpackungen herstellen. Der Zuwachs komme dabei im wesentlichen aus dem Verkauf neuer Maschinen. Verpackungen sehe man nach wie vor als Wachstumsmarkt an. Der Traditionsbereich Papiermaschinen galt in der Vergangenheit als Sorgenkind, da die Nachfrage nach großen Maschinen eingebrochen war.

Daher wurden im Bereich Papiermaschinen auch zahlreiche Arbeitsplätze abgebaut. Von den etwa 1500 Stellen, die der Konzern insgesamt gestrichen har, kam der Großteil aus dem Papiermaschinenbereich. In diesem Zusammenhang wurde der Standort Krefeld geschlossen, in Ravensburg und St. Pölten wurde die Produktion eingestellt. Die Zahl der Mitarbeiter in den Bereichen, die Voith weiterführen will, sank durch die Stellenstreichungen um etwa 720 auf noch 20 220 Beschäftigte. Weitere 500 Mitarbeiter sollen das Unternehmen bis zum Ende des neuen Geschäftsjahres verlassen. Dafür seien die Verträge schon ausgehandelt, sagte Lienhard.

Von Voith Industrial Services mit seinen rund 18 360 Beschäftigten will sich das Unternehmen im Zuge seiner Rückbesinnung auf seine industriellen Kernkompetenzen bis zur ersten Hälfte des kommenden Jahres komplett trennen. Eingestellt wurde auch die Produktion von Rangierlokomotiven in Kiel. Dieser Standort sei zu einem Service- und Wartungszentrum für Lokomotiven in Nordeuropa umgebaut worden. Nachdem auch zahlreiche Verwaltungstätigkeiten im vergangenen Geschäftsjahr zusammengefasst worden waren gibt es nach den Worten von Lienhard keine Pläne für weitere Stellenstreichungen mehr. Nach drei schwierigen Jahren rechne er mit einer Normalisierung.

Der Umsatz dürfte im angelaufenen Geschäftsjahr nach Lienhards Worten ähnlich wie im vergangenen wieder bei etwa 4,3 Milliarden Euro liegen. Darin ist der Umsatz der Voith Industriedienstleistungen nicht enthalten. Dieser lag früher bei etwa einer Milliarde Euro. Das vergangene Geschäftsjahr bezeichnete Finanzvorstand Hermann Jung als insgesamt erfreulich. So sei der Auftragseingang wieder bei knapp 4,4 Milliarden Euro gelegen. Der Auftragsbestand habe zum Ende des Geschäftsjahres knapp 5,3 Milliarden Euro betragen. Das operative Ergebnis sei um etwa 15 Prozent auf 270 Millionen Euro gesteigert worden. Dazu hätten alle Bereiche beigetragen. Die Investitionen sanken von 103 auf 80 Millionen Euro, die Ausgaben für Forschung und Entwicklung waren mit 210Millionen Euro fast konstant.

Unter dem Stich steht ein Minus von 93 Millionen Euro in der Bilanz. Dabei schlug der Umbau des Konzerns mit 231 Millionen Euro zu Buche. Gegenüber der ersten Hälfte des vergangenen Geschäftsjahr wurden die Verluste allerdings bereits deutlich reduziert. Für das neue Geschäftsjahr rechnet Hubert Lienhard mit einem deutlich positiven Jahresüberschuss. Durch den Konzernumbau will Voith jährlich 250 Millionen Euro einsparen.