Hunderte von Plakaten, die seit wenigen Tagen für die Volksabstimmung werben, sind in Stuttgart abgerissen, angezündet oder gestohlen worden.

Lokales: Christine Bilger (ceb)

Stuttgart - Angst vor dem Bau des Tiefbahnhofs soll ein junger Mann bei der Polizei als Motiv angegeben haben, nachdem er ein Plakat von Stuttgart-21-Befürwortern an der Rotenwaldstraße zerstört hatte und dabei erwischt wurde. Die Tat ist alles andere als ein Einzelfall. Der Polizei liegen bis jetzt sieben Anzeigen über Plakatzerstörungen und Vandalismus vor, kaum dass Gegner und Befürworter begonnen haben, für beziehungsweise gegen das Kündigungsgesetz zu werben. Beide Seiten sind höchst verärgert über die Vorfälle.

 

Mit einem Unterschied im Tonfall: die Befürworter von Pro Stuttgart 21 verdächtigen und benennen die Projektgegner als Verursacher der Beschädigung. Dagegen wehrt sich Gerhard Pfeifer, der Regionalgeschäftsführer des BUND, der die Kampagne des Aktionsbündnisses gegen Stuttgart 21 im Stadtgebiet leitet: "Wir haben nie zu Zerstörungen aufgerufen. Im Gegenteil - wir haben schon mehrfach appelliert, den Andersdenkenden mit Respekt zu begegnen", sagt er. Diesen Respekt erwarte man im Aktionsbündnis auch vom Verein Pro Stuttgart 21. Ein Aufstacheln und spekulative Schuldzuweisungen seien nicht sinnvoll, so Gerhard Pfeifer.

Befürworter müssen 1000 Plakate neu kleben

Den Schaden an den Plakaten der Befürworter - sie werben mit dem Nein zum Kündigungsgesetz - liege bei rund 50.000 Euro, sagt Matthias Wesselmann, der Pressesprecher im Kampagnenbüro von Pro Stuttgart 21. Rund 3000 Plakate habe sein Verein bisher ausgegeben, im Stuttgarter Stadtgebiet müssten etwa 1000 neu geklebt werden, weil sie abgerissen, angezündet oder in manchen Fällen auch abtransportiert wurden. Mehrfach habe die Feuerwehr in Botnang ausrücken müssen, weil sogenannte Hohlkörperplakate aus Kunststoff brannten. "Die sind schwer entflammbar, da muss ein Brandbeschleuniger verwendet worden sein", so Wesselmann.

Bei den Projektgegnern sei zurzeit ein Verlust von etwas mehr als 100 Plakaten zu beklagen, sagt Pfeifer. "Im Osten und in Botnang haben wir einen Totalausfall", so der BUND-Geschäftsführer. Der Schaden betrage rund 10.000 Euro.

Plakate wurden erst relativ spät geklebt

Die Interessenverbände haben relativ spät mit der Plakatierung gestartet. Sechs Wochen vor einer Wahl dürfe damit begonnen werden, sagt Ralf Maier-Geißer vom Amt für öffentliche Ordnung. Am vergangenen Wochenende und damit erst vier Wochen vor der Wahl sind die Plakate geklebt worden. Laut Maier-Geißer bekomme jede Organisation - fünf haben sich bei ihm gemeldet - so viele Plakate genehmigt, wie sie beantrage. Das gelte für Werbeträger bis zur Größe DIN A0. Diese dürfen nicht an Verkehrszeichen angebracht werden.

Die Konfliktparteien haben ein Fairnessabkommen geschlossen, zu dem gehöre, sich im Wahlkampf nicht zu sabotieren. "Bisher wurden mir noch keine Verstöße dagegen gemeldet", sagt Maier-Geißer.