Die Volksabstimmung rückt näher: Die Gegner des Projekts Stuttgart 21 bereiten ihre Kampagne vor. Auch Mitglieder der SPD machen mit.

Stuttgart - Als sich Mitte September Fraktionschef Claus Schmiedel mit der CDU-Landesspitze traf, um gemeinsame Aktionen zur Volksabstimmung über Stuttgart 21 zu beraten, war die Empörung groß. Nicht zuletzt in der SPD. "Es kann nicht sein, dass, wenn man eine Koalition mit den Grünen hat, man in irgendeiner Art mit der CDU zusammenarbeitet", wetterte zum Beispiel die stellvertretende SPD-Landesvorsitzende Leni Breymaier.

 

Einer allerdings reagierte auffällig moderat: Grünen-Landeschef Chris Kühn: "Jedem steht es frei, sich seine Mitstreiter selbst auszusuchen", gab er zu Protokoll. Gestern nun hat Kühn Nägel mit Köpfen gemacht. In Stuttgart konstituierte sich ein "Landesbündnis Ja zum Ausstieg", das bis zur Volksabstimmung Ende November für eine Beendigung des Projekts Stuttgart 21 trommeln will. Mit dabei sind unter anderen die Grünen, die Linkspartei, mehrere Umweltverbände, das Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21, der DGB, aber auch die Gruppe SPD-Mitglieder gegen Stuttgart 21.

Grünen-Chef Kühn sieht in dem Engagement seiner Partei kein Problem: "Das ist abgesprochen", sagte er. "Das hält unsere Koalition aus." Außerdem sei es etwas anderes, wenn sich die Grünen in ein zivilgesellschaftliches Bündnis einreihten, als wenn die SPD mit der früheren Regierungspartei CDU paktiere. An der Kampagne vor dem Referendum wollen auch Regierungsmitglieder der Grünen teilnehmen.

"Volksabstimmungs-Knigge" soll erarbeitet werden

Der SPD-Landesvorstand war am vorvergangenen Wochenende übereingekommen, sich als Partei nicht in ein Bündnis einzubringen. In dem Vorstandsbeschluss heißt es: "Es ist Sache jedes Mitglieds, für sich selbst zu entscheiden, ob und wie es sich - entsprechend seiner Überzeugung - an den Kampagnen für oder gegen den Ausstieg aus S 21 beteiligt." SPD-Landeschef Nils Schmid reagierte gestern verschnupft auf die Aktivitäten der Grünen: "Abgesprochen zwischen den Regierungspartnern war, dass es keine Parteienbündnisse gibt, hüben wie drüben."

Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat bereits angekündigt, dass sich der Grünen-Landesverband auch finanziell an der Kampagne beteiligen werde. Der SPD-Landeschef Schmid hatte dagegen gesagt, seine Partei werde kein Geld bereitstellen. Kretschmann wie auch sein Vize Schmid kündigten an, die Regierung werde eine Art "Volksabstimmungs-Knigge" erarbeiten. Dabei handelt es sich um ein Regelwerk, mit dem die grün-rote Regierung einigermaßen konfliktarm durch die Volksabstimmung zu kommen hofft.

FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke spottete gestern, die SPD lasse sich von den Grünen vorführen. Regierungschef Kretschmann habe der SPD verboten, mit einer Oppositionspartei gemeinsame Sache zu machen. Dessen eigene Partei, die Grünen, scheue aber nicht davor zurück, ein Bündnis unter anderem mit der Linken einzugehen. "Das zeigt, dass die SPD nach gut hundert Tagen schon mit gebrochenem Rückgrat durchs grün-rote Regierungsbündnis humpelt", sagte Rülke. Hingegen sagte der Sprecher des Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21, Hannes Rockenbauch: "Was wir hier machen, ist etwas anderes als ein Schmiedel- und Hauk-Bündnis."