In sechs Wochen soll in Schottland das Volk darüber abstimmen, ob das Land von Großbritannien unabhängig wird. Doch ein Fernsehauftritt der Separatisten misslang. Vom politischen Gegner mussten sie sich sagen lassen, dass ihre Ideen „Unfug auf Stelzen“ seien.

Korrespondenten: Peter Nonnenmacher (non)

London - Sechs Wochen haben Schottlands Nationalisten noch Zeit, um ihre Landsleute vom Vorteil staatlicher Eigenständigkeit zu überzeugen. Leicht fällt ihnen die Überzeugungsarbeit nicht. Während die Fürsprecher der Trennung von England auch in den neuesten Umfragen klar zurück liegen, ist es ihrem Wortführer – dem schottischen Regierungschef Alex Salmond – nicht gelungen, bei der ersten von zwei großen Fernsehdebatten die Unentschiedenen auf seine Seite zu ziehen.

 

Die mit Spannung erwartete Debatte zwischen Salmond und dem Anwalt der gesamtbritisch-blau-weiss-roten Gegenseite, dem früheren Schatzkanzler Alistair Darling (Labour-Partei), erwies sich überraschend als verpasste Chance für die Nationalisten. Salmond, der eigentlich als der bessere Redner galt, wirkte müde und wusste nicht zu inspirieren. Seine Anhänger hatten gehofft, die Kluft zu schließen, die sie von Darlings Truppen und ihren süßesten Träumen trennt.

Am 18. September wird abgestimmt

Viel Zeit bleibt ihnen nicht. Die Volksabstimmung, die Schottland erstmals die Chance zur Unabhängigkeit bietet, findet am 18. September statt - und ein Ja zur Trennung von England hätte weitreichende Folgen. Bisher sieht es allerdings eher nach einem Nein aus. Den letzten Umfragen zufolge lehnen 48 Prozent der Schotten einen staatlichen Alleingang ab. 41 Prozent sind für Unabhängigkeit, während elf Prozent sich noch nicht entscheiden können. Daran dürfte auch die Fernsehdebatte vom Dienstagabend in Glasgow nicht viel geändert haben. Die Debatte galt, nach sommerlicher Verschnaufpause bei den Commonwealth-Spielen, als Einstieg in die „heiße“ Phase der Referendumsschlacht.

Hitzig war sie jedenfalls. Die Kombattanten schenkten sich nichts. Darling warf Salmond vor, bei seinem Feldzug für Unabhängigkeit immer nur „mit Mutmaßungen, Daumendrücken und blindem Glauben zu operieren“. Salmond beschuldigte Darling, 2008 als Finanzminister in London den Kollaps der britischen Wirtschaft verursacht zu haben – und darum über keinerlei Kompetenz in ökonomischen Fragen zu verfügen.

Um die wirtschaftliche Zukunft eines unabhängigen Schottland, um die konkreten Aussichten für die Schotten mit oder ohne Union ging es denn vor allem, bei dem Schlagabtausch. Darling, der Nein-Sager, hatte Oberwasser und rüttelte an der Selbstgewissheit des schottischen Regierungschefs. Salmond könne den Wählern nicht sagen, welche Währung er einem unabhängigen Schottland bescheren wolle, meinte Darling. Seine Idee einer Währungsunion mit England hätten alle anderen Parteien abgewiesen. Nun habe er finanzpolitisch „keinen Plan B“ vorzuweisen.

Seine Vorstellungen von Schottland als von einem Pfund-Zonen-Anhängsel, ohne Einfluss auf die Zentralbank in London, sei „Unfug auf Stelzen“. Auf so etwas baue man keine Unabhängigkeit auf. Salmond hatte sichtlich Probleme, diesen Angriff zu parieren. Er berief sich nur wieder darauf, „die beste Lösung“ für sein Land anzustreben. Nur in eigener politischer Verantwortung könne Schottland eine faire Gesellschaft aufbauen und sich der ewigen Tory-Attacken gegen die sozial Schwachen in Schottland erwehren, sagte er.

Die Frage nach der Währung im neuen Schottland ist offen

Kurzfristig kam Alistair Darling ins Schleudern, als Salmond ihn fragte, ob er den Schotten keinen Erfolg als eigene kleine Nation zutraue. Und warum, zum Kuckuck, die Gegner der Unabhängigkeit den Leuten einredeten, nach einem Ja am 18. September müssten sie auf der rechten Straßenseite fahren. Das sei eine „Politik der Angstmacherei“, beklagte sich Salmond. Für Darling war es klar, dass es „keinen Weg zurück“ gebe nach einer Trennung vom restlichen Königreich. Die Risiken seien zu groß, beharrte der Ex-Schatzkanzler. Über die Frage dürfen sich die Schotten noch in den nächste sechs Wochen die Köpfe zerbrechen.