Das Volksbegehren „Rettet die Bienen“ für den Artenschutz in Baden-Württemberg ist auf den Weg gebracht. Aber der Bauernverband lehnt das Vorhaben strikt ab, es gefährde Familienbetriebe in ihrer Existenz.

Stuttgart - Begleitet von geharnischter Kritik des baden-württembergischen Bauernverbandes ist am Freitag das Volksbegehren „Rettet die Bienen“ für mehr Artenschutz im Land auf den Weg gebracht worden. Am Nachmittag überreichten die Initiatoren – die beiden Berufsimker David Gerstmeier und Tobias Miltenberger – den Antrag für das Volksbegehren dem Staatssekretär Wilfried Klenk im Landesinnenministerium. Zum Antrag gehörten eine Liste mit den notwendigen Unterschriften sowie ein Gesetzentwurf. „Wir verankern den Artenschutz gesetzlich und schaffen klare Perspektiven für die regionale Landwirtschaft“, sagte Gerstmeier. Dem Bündnis für „Bienen und Bauern“, wie sich die Initiatoren nennen, haben sich unter anderem der BUND, der Nabu, Demeter, die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft und verschiedene Hersteller von Öko-Produkten angeschlossen, von den Grünen kamen starke Solidaritätsadressen. „Mit dem Gesetzentwurf bauen wir eine Brücke in eine nachhaltige Landwirtschaft in Baden-Württemberg“, sagte Nabu-Landeschef Johannes Enssle. Die Hauptpunkte des Volksbegehrens sind eine Erhöhung des Anteils des Ökolandbaus an der Agrarfläche im Land auf 50 Prozent bis 2035, die Halbierung des mit Pestiziden belasteten Flächenanteils bis 2025 sowie ein Verbot von die Artenvielfalt gefährdenden Pestiziden in Schutzgebieten. Schließlich sollen auch die für den Südwesten typischen Streuobstwiesen unter Schutz gestellt werden.

 

Bauernpräsident befürchtet Aus für Familienbetriebe

Wegen der Einschränkung des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln hatte es unter anderem Kritik vom Landesnaturschutzverband gegeben, auch Öko-Winzern beklagten, dass der Kaiserstuhl beispielsweise ein einziges Schutzgebiet sei und sie selbst Pestiziden einsetzen müssten. Sven Prange, Koordinator von „Rettet die Bienen“, stellte nun klar: Vom Verbot betroffen seien nur die Landschaftsschutzgebiete. Bisher sei die Rechtslage so, dass in diesen Schutzgebieten per genereller Ausnahmegenehmigung für die Landwirte „mit sämtlichen zugelassenen Pflanzenschutzmitteln gearbeitet werden darf“. Das sei „unlogisch“. Man wolle im Grundsatz ein Verbot von Pestiziden in den Schutzgebieten, allerdings soll es nur bestimmte Mittel treffen. Pestizide, die die Artenvielfalt nicht gefährden, sollen weiterhin erlaubt bleiben.

Dem Landesbauernverband reicht das Zugeständnis nicht. Er lehnt das Volksbegehren gänzlich ab. Schon jetzt seien die Bauern im Land dem Natur- und Artenschutz besonders verpflichtet, meint Bauernpräsident Joachim Rukwied: „Bereits jetzt wirtschaften wir Landwirte auf rund einem Drittel der landwirtschaftlich genutzten Fläche, über die gesetzlichen Vorgaben hinaus, besonders naturverträglich.“ Bei allen Wünschen nach noch mehr Ökologie dürfe nicht vergessen werden, „dass die Hauptaufgabe der Landwirtschaft die Lebensmittelerzeugung“ sei. Rukwied sieht im Volksbegehren gar einen Treiber für einen beschleunigten Strukturwandel zulasten der kleinen und mittleren Betriebe: „Zu hohe Auflagen wie im Volksbegehren vorgesehen, würde für die hiesigen Familienbetriebe, die bereits nach hohen Standards produzieren, das Aus bedeuten.“ Überdies sei die „Vorgabe pauschaler Mengen-Reduktionsziele für Pflanzenschutzmittel fachlich nicht sinnvoll“, erklärt Rukwied. Ein effektiver Pflanzenschutzmitteleinsatz müsse je nach Schädlingsbefall, Krankheiten und Witterung erfolgen. Das gelte für den Ökolandbau ebenso wie für die konventionelle Landwirtschaft. Einen pauschalen Pflanzenschutzmittelverzicht lehne der Berufsstand daher ab. Schon jetzt setzten die Bauern im Südwesten auf einem Viertel der Fläche „keine chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmittel und Mineraldünger ein“. Und Rukwied ergänzt: „44 Prozent der Mähwiesen – das ist ein besonders wertvolles Flora-Fauna-Habitat in Deutschland – liegen in Baden-Württemberg. Und sie werden von den hiesigen Landwirten extensiv bewirtschaftet.“

Ministerium muss den Gesetzentwurf prüfen

Das Innenministerium prüft nun binnen drei Wochen, ob der Gesetzentwurf im Antrag verfassungskonform und zulässig ist. Ist das der Fall, kann das Ministerium einen Zeitraum für das Volksbegehren festsetzen. Für das Volksbegehren müsste dann jeder zehnte Wahlberechtigte in Baden-Württemberg unterschreiben, das sind etwa 700 000 Personen. Die erste Hürde hatten die Pro-Biene-Aktivisten rasch genommen. Nach dem Start der Sammlung im Mai unterschrieben binnen zweieinhalb Wochen 18 000 Menschen für einen stärkeren Schutz der Artenvielfalt, mittlerweile sind es nach Angaben der Initiatoren deutlich mehr als 20 000. Für den Erstantrag auf das Volksbegehren wären eigentlich nur 10 000 Unterstützer notwendig gewesen.