Am Münchner Marienplatz haben sich am Mittwoch lange Schlangen gebildet. Außer der FDP will niemand mehr die Studiengebühren. Die Initiative für ihre Abschaffung glaubt an einen Erfolg im Volksbegehren, und Horst Seehofer sagt schon mal zu: „Die Gebühren werden fallen.“

Manteldesk: Mirko Weber (miw)

München - Zu Ende ausgezählt wird erst am Donnerstag. Vom Münchner Marienplatz aus betrachtet aber schauen die Dinge für die Initiatoren des Volksbegehrens gegen die Studiengebühren schon am Mittwoch gut aus: es standen immens viele Bürger an, um sich einzutragen. Der Chefkoordinator der Aktion, Michael Piazolo von den Freien Wählern, äußerte sich jedenfalls verhalten optimistisch, dass die Zehn-Prozent-Hürde zu schaffen sei. So viele Wahlberechtigte müssten es sein, damit ein Volksentscheid möglich würde. Allerdings ist Piazolo gewarnt. Das Volksbegehren gegen die Forstreform scheiterte bei einer ähnlichen Ausgangslage knapp. Das Rauchverbot in Gaststätten hingegen erreichte nach zunächst schwachem Zuspruch 2009 am Ende 13,9 Prozent. Dem folgte der Volksentscheid – und die Aschenbecher kamen vor die Tür.

 

Wie aber auch immer: Selbst wenn das Volksbegehren noch scheitern sollte, werden die umstrittenen Studiengebühren wohl abgeschafft. Horst Seehofer jedenfalls, immer schon ein Gegner der Gebühren (im Unterschied zur Mehrheit in seiner Partei), dekretierte nach einer denkwürdigen Landtagssitzung zum Thema: „Wir schaffen sie in jedem Fall ab, entweder durch den Landtag oder durch das Volk.“

Einen „Wendehalsorden“ für die CSU

Besonders an der Diskussion im Plenum im Münchner Maximilianeum war die Tatsache, dass sich auf einmal die historischen Tatsachen in der Gebührenfrage verkehrt fanden, als der stellvertretende CSU-Fraktionsvorsitzende Karl Freller sagte: „Ich bin fest überzeugt davon, dass die Studiengebühren in Bayern dank der CSU fallen werden.“ Dabei hatte dieselbe Partei die Gebühren – damals noch unter dem Ministerpräsidenten Edmund Stoiber – eingeführt. Nun, aus Angst, viel mehr als zehn Prozent der Bayern aufzuwiegeln, haben die Christsozialen umgedacht. Sie können keine Irritationen vor den Landtagswahlen im September gebrauchen. Die SPD-Hochschulexpertin Isabell Zacharias wollte Freller für seinen Beitrag deshalb nicht nur den „Wendehalsorden“ verleihen. Sie rief, auch ganz unfaschingshaft gestimmt: „Mensch, Charly Freller, was Du gerade getrunken hast, das hätte ich auch gerne mal zu mir genommen.“

Betont nüchtern, aber kämpferisch, setzte sich in der Diskussion der liberale Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch noch einmal pro Gebühren ein. Er betonte – wie der FDP-Fraktionsvorsitzende Karsten Klein – die Studiengebühren hätten generell „zu einer Verbesserung der Qualität an den Hochschulen“ beigetragen und seien auch unverzichtbar im Hinblick auf das politische Ziel, die Staatsschulden abzubauen. Die CSU hingegen hat im Doppelhaushalt durch den Finanzminister Markus Söder vorsichtshalber bereits Geld auf die Seite legen lassen, um Lücken im Hochschuletat aufzufangen.

Die FDP ist als einzige Partei noch für die Gebühren

Es geht der FDP – gegen den Widerstand von SPD, Grünen, Freien Wählern und nunmehr auch der CSU – aber nicht nur um die Gebühren, sondern vor allem um ihren Ruf. Sie möchte keinesfalls umfallen im Wahljahr. Heubisch – und man kann ihm das absolut abnehmen – ist ein ehrlicher Verfechter des Systems. Er hat seine Argumente. Freilich riskiert er auch – mit Billigung von Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und Martin Zeil – einen Koalitionskrach, der sich hinziehen kann. Die FDP steht alleine gegen alle – und blockiert somit als absolute Minderheit den Willen der Mehrheit. Wird ihr das etwas bringen bei den Wählern? Oder werden sich, nach einem Volksentscheid, nicht noch mehr Menschen abwenden?

Im Übrigen geht es um 500 Euro pro Semester hin oder her: das ist, neben den eh anfallenden Kosten eines Studiums, eine Menge Geld. Sabine Leutheusser-Schnarrenberger zufolge handelt es sich jedoch weniger um soziale Gerechtigkeit, sondern um „die Gerechtigkeitsfrage in der Gesellschaft“, wobei unklar ist, was sie genau damit meint. Die Liberalen, so scheint es, sind beharrlich auf dem Weg, sich in Bayern unmöglich zu machen. Das wiederum sollte Ministerpräsident Horst Seehofer und der CSU nur Recht sein.