Das Volksbegehren für mehr Artenschutz hat laut Anfrage unserer Zeitung unter 16 Städten in Baden-Württemberg nur wenige Unterschriften gesammelt. Der Zuspruch ist selbst in Uni-Städten wie Tübingen gering .

Stuttgart - Fünf Wochen nach dem Start der Sammlung von Unterschriften für das Volksbegehren „Rettet die Bienen“ für mehr Artenschutz in Baden-Württemberg zeichnet sich eine schwache Beteiligung an der Kampagne ab. Das hat eine Nachfrage unserer Zeitung bei zwei Dutzend Städten in Baden-Württemberg Ende vergangener und Anfang dieser Woche ergeben.

 

Die freie Sammlung von Unterschriften hatten die Aktivisten am 24. September eröffnet, am 18. Oktober begann überdies eine amtliche Auslegung von Unterschriftenlisten in den Rathäusern der 1100 Kommunen im Land. Drei Tage vor Beginn der amtlichen Sammlung hatten die Initiatoren des Volksbegehrens jedoch erklärt, sie würden nach einem Einlenken der grün-schwarzen Landesregierung beim Artenschutz „das aktive Werben“ um Unterschriften bis Mitte Dezember „unter Bedingungen“ einstellen. Jedoch sei es nach wie vor möglich, Unterschriften zu leisten und in den Rathäusern lägen die Listen auch nach wie vor aus.

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In Sigmaringen liegen nur drei Unterschriften vor

„Wir haben keine Zahlen, da die allermeisten Sammler die Formulare direkt bei den Kommunen abgeben“, teilte Sven Sprange, Sprecher der Initiative „Pro Biene“, dieser Tage auf Anfrage mit. „Die Kommunen teilen die Zahlen jeweils am Ende des Monats über die Kreisabstimmungsleiter dem Innenministerium mit.“ Man könne auch keine „Zwischenstände oder Anhaltspunkte“ mitteilen.

Eine schriftliche Anfrage unserer Zeitung bei 25 Städten in Baden-Württemberg, wie viele Unterschriften eingegangen seien, ist von 16 Städten beantwortet worden. Die beiden größten Städte des Landes, Stuttgart und Karlsruhe, lehnten eine Information ab beziehungsweise verwiesen auf das Innenministerium als Auskunftgeber hin. Das Ministerium äußerte sich auf Anfrage allerdings nicht.

Diese Zahlen kamen aus den Städten

Wie die Umfrage ergeben hat, sind in der Stadt Ulm „unter 100 Unterschriften“ für das Volksbegehren abgegeben worden, auch in allen anderen auskunftsfreudigen Städten lag die Beteiligung im zweistelligen Bereich – selbst in Universitätsstädten: in Tübingen waren es 81, in Freiburg 66 und in Konstanz 64 Unterschriften.

In der Bodenseeregion, einem Schwerpunkt des Obstanbaus, war wegen des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln durch die Landwirte das Volksbegehren besonders umstritten. Ravensburg zählte 50 Unterschriften, in Friedrichshafen waren es 33. Reutlingen nannte eine Zahl im mittleren zweistelligen Bereich, bat im nach hinein aber von der Veröffentlichung der exakten Zahl abzusehen. 30 Unterschriften oder weniger gingen ein in den Städten Ludwigsburg, Mannheim, Baden-Baden, Pforzheim, Esslingen, Villingen-Schwenningen sowie Sindelfingen. Einstellig fiel die Zahl der Unterstützer in Schwäbisch Hall (5) und Sigmaringen (3) aus.

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Die erste Hürde hatten die Bienenretter noch mit Bravour genommen

Der überwiegende Teil der Unterschriften entstammte aus der freien Sammlung, aber auch aus der amtlichen Sammlung gab es Unterschriften, was darauf hindeutet, dass sich die Bürger auch nach dem Ende der „aktiven“ Werbung fürs Volksbegehren daran beteiligen wollten und dies auch taten.

Die ersten Hürde für das Volksbegehren hatten die Initiatoren noch mit Bravour genommen. Binnen weniger Wochen waren im Frühsommer 35 000 Unterstützerunterschriften gesammelt und im Juli beim Innenministerium zur Genehmigung vorgelegt worden. In der zweiten Phase des Volksbegehrens müssen von Mitte September bis 23. März 2020 insgesamt 770 000 Unterschriften von Wahlberechtigten in Baden-Württemberg zusammen getragen und mit einem Prüfstempel der Gemeinde versehen werden – das entspricht zehn Prozent des Wahlvolkes.

Mitbegründer: „Wahnsinniger Aufwand“

Der Imker und Mitbegründer des Volksbegehrens, Tobias Miltenberger, hatte Mitte September unserer Zeitung die organisatorischen Herausforderungen der landesweiten Kampagne geschildert. „Es ist finanziell und personell ein wahnsinniger Aufwand. Wir leisten hier echte Pionierarbeit“, hatte Miltenberger gesagt.

Vom Zehn-Prozent-Quorum scheint das Volksbegehren angesichts der Ergebnisse in den Städten noch sehr weit entfernt zu sein. Nimmt man beispielsweise Tübingen als Rechenmodell, wo knapp 64 000 Wahlberechtigte wohnen, dann wäre dort mit 81 Unterschriften für das Volksbegehren gerade mal ein Anteil von gut 0,13 Prozent erreicht.

Offizielle Zahlen sind demnächst zu erwarten

Nach eingehenden Beratungen war die grün-schwarze Landesregierung auf einige Forderungen aus dem Volksbegehren eingegangen und hatte Mitte Oktober einen Zehn-Punkte-Plan für besseren Artenschutz vorgelegt. Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU) bezifferte die Kosten auf 30 bis 40 Millionen Euro pro Jahr, bis die Ziele der Koalition zum Artenschutz vollständig erreicht sind. Vor allem der Verzicht auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel und ein stärkerer Umstieg auf den Ökolandbau – verbunden mit Fördergeldern – schlage zu Buche, sagte Peter Hauk.

Offizielle Zahlen über das Volksbegehren werden demnächst zu erwarten sein: Die Pressestelle der Stadt Heilbronn, die aus rechtlichen Gründen keine Auskunft über die Unterschriftenzahl geben wollte, teilte mit: „Die Gemeinden haben die abgefragten Zahlen Ende des Monats, beginnend ab November 2019, auch dem Innenministerium mitzuteilen.“