Wo direkte Demokratie drauf steht, sollte sie auch drin sein. Ansonsten ist das Volksverdummung, kommentiert StZ-Autor Reiner Ruf.

Stuttgart - Als der Landtag Ende 2015 die Verfassung änderte, um Volksbegehren und Volksabstimmungen zu erleichtern, galt dies als Meilenstein auf dem Weg zu mehr Demokratie im Land. Für ein erfolgreiches Volksbegehren sind seither deutlich weniger Unterschriften nötig (ganz grob: 770 000 statt 1,3 Millionen), das Zustimmungsquorum bei der folgenden Volksabstimmung wurde von 33 Prozent auf 20 Prozent herabgesetzt. Was aber nützt das, wenn über die eigentlich relevanten, weil finanzwirksamen Fragen gar nicht abgestimmt werden kann, weil sie der direkten Demokratie entzogen sind? Die Antwort liegt auf der Hand. Setzt sich im Streit um das Volksbegehren der SPD über beitragsfreie Kindergärten die Rechtsmeinung des Innenministeriums durch, gerät die Verfassungsänderung von damals in den Ruch der Volksverdummung.

 

Natürlich tangieren direktdemokratische Entscheidungen mit Folgekosten das Königsrecht des Parlaments, das Haushaltsrecht – und damit auch das Repräsentativsystem. Das kann man wollen oder auch besser nicht. Wobei nicht ausgemacht ist, dass der Volksgesetzgeber in eigener Sache spendabler ist als die Abgeordneten, die ihre Wiederwahl fest im Blick haben. Aber wo direkte Demokratie draufsteht, sollte auch direkte Demokratie drin sein. Alles andere nährt Politikverdrossenheit.