So vielseitig kann das Cannstatter Volksfest sein. Während der Traditionsmorgen mit Trachten und Volkstanz an die Geschichte erinnert, tanzen die Gäste beim Fassanstich mit Model Mia Grauke im Almhüttendorf auf den Bänken. Unser Wasenhocker hat sich einen ersten Eindruck verschafft.

Stuttgart - Der WASENHOCKER sieht nicht nur doppelt und dreifach sondern gar vierfach. Das liegt aber keineswegs am übermäßigen Genuss des Stuttgarter Bieres, sondern an der grassierenden Eröffnungswut auf dem Volksfest. Vier gewinnt! Los geht’s freitags mit der offiziellen Variante im Festzelt, kurz danach treffen sich die Sauerwasser-Rebellen aus Bad Cannstatt im Weinzelt Zaiß, um dort ein Weinfaß anzustechen. Am Samstag gibt’s eine Eröffnung im Almhüttendorf für die Oben-Ohne-Fans, die gerne draußen hocken. Und schließlich die einzig wahre Eröffnung vor der Fruchtsäule.

 

Beim Traditionsmorgen erinnert man an die Jahrzehnte, als das Volksfest stets am Samstag um 11 Uhr eröffnet wurde. Bevor Kaufleute und Fernsehschaffende glaubten, das Fest strecken und freitags beginnen zu müssen, besserer Quoten und Geschäfte wegen. „Wir feiern hier die eigentliche Eröffnung“, sagte Wasenbürgermeister Michael Föll am Samstag. Wenngleich das mit der Tradition so eine Sache ist. Die Moderne fordert ihre Zugeständnisse. So werde der Volksfestverein bei der 200-Jahr-Feier im Jahre 2018 auch Stuttgart einbeziehen, sagte Föll, „das ist eine große Geste“. Der Cannstatter ist eben durchaus weltoffen.

So duldete er es auch lange Jahre, dass auf dem Volksfest Münchner Bier ausgeschenkt wurde. 1924 schmetterte der Stuttgarter Gemeinderat eine Beschwerde der Stuttgarter Brauereien ab. Begründung: Das bayerische Bier würde preisregulierend wirken. Mittlerweile gibt’s immerhin noch badisches Bier. Und badische Gäste waren auch geduldet beim Traditionsmorgen. Die Trachtenkapelle Schiltach durfte gar das Württemberg-Lied spielen. Und die Damen aus St. Georgen zeigten nicht nur ihre Tracht mit den Bollenhütten, ledige Frauen tragen rote Bollen, verheiratete Frauen schwarze Bollen. Sie führten auch ein Glockenspiel vor. Und weil unter die Musikantinnen nur schwarze Bollenhüte trugen, frage sich Moderator Wulf Wager, „ob im Schwarzwald nur verheiratete Frauen an den Glocken spielen dürfen“.