Wenn die Sing-Omas in die Kita an der Wurmlinger Straße kommen, ist die Freude groß: Zusammen zu singen macht den Seniorinnen und Kindern gleichermaßen Spaß. Erst recht, wenn Schellen, Rasseln und Tambourine unter den Stühlen warten.

Manteldesk: Sandra Hintermayr (shi)

Degerloch - Es wird laut, als die Kinder die Instrumente unter ihren Stühlen entdecken. Rasseln, Schellen, Klanghölzer, Becken und Tambourine machen ganz schön viel Krach, besonders, wenn rund 20 Instrumente gleichzeitig gespielt werden. Beate Pflieger versucht, die Kinder zu bremsen. „Das soll nicht nur laut klingen, sondern auch wohlklingen. Das geht nur, wenn man mit Bedacht spielt“, sagt die Seniorin, die die Singstunde an diesem Dienstag leitet. Sie ist für Gertrud Federsel eingesprungen, die aus gesundheitlichen Gründen ihr Kommen absagen musste. Um ihr eine schnelle Genesung zu wünschen, unterschreiben die Kinder und Erzieherinnen am Ende der Stunde noch eine Karte.

 

Die Kinder grüßen „ihre“ Sing-Omas

Für die mittlerweile neun Sing-Omas ist das gemeinsame Musizieren mit den Kindern „eine Herzensangelegenheit“, wie Pflieger sagt. „Es kommt schon vor, dass man auf der Straße von einem der Kinder mit einem ‚Hallo, Sing-Oma!’ begrüßt wird“, ergänzt Hildegard Bihr. „Es ist schön, wie begeistert die Kinder mitmachen.“ Bihr leitet den Seniorenkreis Donnerstagsfreunde der evangelischen Kirche, der sich in der Heilig-Geist-Kirche direkt bei der Kindertagesstätte trifft. So kam auch der Kontakt zustande.

Singen ist immer der einfachste Weg, Kinder für Sprache zu begeistern“, sagt die Erzieherin Katrin Jenkner. Mit einer Melodie lasse sich Sprache leichter lernen. Mit diesem Projekt sollen Volkslieder wie „Häschen in der Grube“ oder „Brüderchen, komm tanz mit mir“ bewahrt werden. „Sie werden kaum noch gesungen in den Elternhäusern; dabei handelt es sich um erhaltenswertes Liedgut“, sagt Jenkner.

Nach einer Einführung in das Projekt im Jahr 2004 (siehe „Das Projekt Sing-Omas“) haben sich die Seniorinnen und die Kindertagesstätte selbst organisiert. Das Projekt ist mittlerweile fester Bestandteil des Konzeptes der Kita. Im 14-tägigen Wechsel besuchen die Frauen jeweils dienstags die Kita, um mit den Kindern zu singen.

Mit Musik lässt sich Sprache leichter lernen

Die Kinder sind mit großer Freude dabei. Und das nicht nur, weil sie mit den Instrumenten lärmen dürfen. Passend zur Adventszeit werden an diesem Tag Weihnachtslieder gesungen. Das ist schließlich ebenfalls traditionelles Liedgut. Die Kinder zeigen sich bei „Ihr Kinderlein kommet“, „Kling, Glöckchen, klingelingeling“, „Vom Himmel hoch, da komm ich her“ und „O Tannenbaum“ textsicher. Als die Seniorinnen „Backe, backe, Kuchen“ anstimmen wollen, sind die Kinder jedoch wenig begeistert. „Das passt doch gar nicht zu Weihnachten!“ Da sind sie sich einig und zeigen den Sing-Omas stattdessen, wie gut sie „In der Weihnachtsbäckerei“ singen können.

Zum Abschluss der Stunde schenken die Sing-Omas den Kindern Mandarinen. „Wir danken euch für ein wunderbares Jahr, in dem wir zusammen mit euch schöne Stunden verbringen durften“, sagt Pflieger. Diesen Dank geben die Kinder und die Erzieherinnen gerne zurück. Denn die Begeisterung für das gemeinsame Singen besteht auf beiden Seiten.

Das Projekt Sing-Omas

Senioren und Kinder:
Aufgrund der räumlichen Nähe zwischen der Kindertagesstätte Wurmlinger Straße und des Seniorenkreises Donnerstagsfreunde der evangelischen Kirche besteht der Kontakt zwischen Senioren und Kita schon seit Jahren. Die Kinder singen etwa bei Weihnachts- oder Faschingsfeiern des Seniorenkreises.

Sing-Omas:
Beate Kailus, die Leiterin der Kita, und die Erzieherin Katrin Jenkner sind über die Bezirkskantorin Barbara Straub auf das Projekt „Canto elementar“ aufmerksam geworden – ein generationenverbindendes Singprogramm von Il canto del mondo, einem internationalen Netzwerk zur Förderung der Alltagskultur des Singens. 2004 fanden sich schnell begeisterte Seniorinnen, die sich für das Projekt Sing-Omas engagieren wollten.

Singstunden:
Im 14-tägigen Wechsel besuchen die mittlerweile neun Sing-Omas zu viert oder fünft die Kita und singen mit den Kindern Volkslieder, Laternenlieder, Kirchenlieder und mehr.