Die Nutzfahrzeug-Töchter Scania und MAN sind innerhalb des VW-Konzerns nicht so leicht zusammenzuspannen, meint der StZ-Autoexperte Harry Pretzlaff.

Wolfsburg - Das ist eine klare Kampfansage an Daimler. VW-Chef Martin Winterkorn hat bei der Vorlage der Bilanz angekündigt, den globalen Champion der Nutzfahrzeugbranche formen zu wollen und damit Daimler zu entthronen. Umsetzen soll dies Andreas Renschler, den Winterkorn von den Stuttgartern abgeworben hat. Mit dieser vollmundigen Ankündigung kann Winterkorn dem Daimler-Truckchef Wolfgang Bernhard jedoch keine Angst einjagen. Bernhard dürfte nur müde darüber lächeln. Renschler hat früher bei Daimler als Nutzfahrzeugchef zwar einen guten Job gemacht, er kann seine Erfahrungen aber nicht einfach als Blaupause verwenden. Dafür sind beide Unternehmen zu unterschiedlich. Der wichtige nordamerikanische Markt ist für die Wolfsburger ein weißer Fleck. Die Daimler-Tochter Freightliner ist dort dagegen Marktführer bei schweren Lastwagen und bringt derzeit einen wichtigen Ausgleich für andere schwache Regionen der Welt.

 

Viel Fingerspitzengefühl braucht Renschler, wenn er die beiden VW-Töchter MAN und Scania zusammenspannen will. In der Vergangenheit haben sie sich einen scharfen Wettbewerb geliefert. Nun sollen sie zwar weiter getrennt um Kunden werben, zugleich aber zur Kostensenkung bei der Entwicklung von Motoren oder Getrieben gemeinsame Sache machen. Das ist ein schwieriger Spagat, und es dürfte alles andere als einfach werden, die Scania-Mannschaft davon zu überzeugen, dass MAN-Ingenieure in manchen technischen Fragen vielleicht die besseren Antworten haben.

Denn bisher waren die Schweden immer stolz auf ihren eigenen Weg und ihre eigenen technischen Lösungen. Und damit sind sie ja auch wirtschaftlich gut gefahren. Scania war beim Gewinn immer Vorbild für die anderen Truckhersteller. Bei MAN dagegen ist Feuer unter dem Dach. Der Lkw-Bauer hat seit längerem massive Überkapazitäten und hat schon einmal angedeutet, dass es in diesem Jahr für die Mitarbeiter noch böse Überraschungen geben könnte. Der mächtige VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh dürfte jedoch einen knallharten Widerstand gegen einen einschneidenden Stellenabbau leisten. Das hat sich schon im vergangenen Jahr gezeigt, als MAN das Buswerk in Plauen einfach schließen wollte.