Selbst Marc-Oliver Mestmacher hat nicht damit gerechnet. Das Spitzenspiel am sechsten Spieltag der dritten Volleyball-Liga Süd heißt ASV Botnang gegen die Baden Volleys SSC Karlsruhe II (Sonntag, 16 Uhr, Ballsporthalle Botnang). Oder Tabellenzweiter gegen Tabellenerster. Der Botnanger Trainer hat der Erstliga-Reserve aus Baden den jetzigen Status durchaus zugetraut, seinen Schützlingen indes nicht – oder noch nicht. Dass Qualität im Team stecke, das habe er schon vor Rundenbeginn gewusst, sagt Mestmacher. Aber: „Dass wir uns so schnell zusammengefunden und die Systemumstellung verinnerlicht haben, damit habe ich nicht gerechnet.“
Besagtes neues System hängt mit dem Tempo zusammen. „Nach der Annahme spielen wir nun deutlich schneller, was uns erfolgreicher macht“, erklärt der Coach der West-Stuttgarter. Hauptverantwortlich für das Tempospiel: der Kapitän und Zuspieler Lukas Beckebans. „Nicht nur mein verlängerter Arm und Taktgeber auf dem Feld“, wie Mestmacher sagt, sondern die Konstante schlechthin der Botnanger Volleyballer. Seit elf Jahren trägt Beckebans nun schon deren Trikot, hat zwei Aufstiege in die Regionalliga und einen in die jetzige Spielklasse mitgemacht; ebenso war ein Betriebsunfall mit dem Abstieg aus der Regionalliga dabei.
„Ich bin 2013 hier her gewechselt, und schon beim Betreten der Halle beziehungsweise des ersten Trainings habe ich gemerkt, das Team hat einen tollen Zusammenhalt, das wird was Längerfristiges, da lässt sich was aufbauen“, sagt Beckebans. Sein Motto bei all seinen Stationen lautete stets: „Ganz oder gar nicht und mit Herzblut bei der Sache“, sagt er. Nun ist der 1,86 Meter große Zuspieler der einzig übrig gebliebene aus dem 2013er-Team – damals in der Oberliga. Er blickt aber nicht nur auf sportliche Erfolge, sondern auch strukturelle Veränderungen in der Abteilung zurück, die er mitgeprägt hat. Als er damals in Botnang – aufschlug, bestand die Volleyball-Abteilung aus gerade mal zwei Männerteams und einer Jugendmannschaft. Mittlerweile kann sich das Aufgebot sehen lassen: vier Männer-, zwei Frauen- sowie sechs Jugendteams. Mehrere dieser Mannschaften hat der 35-Jährige bereits trainiert, aktuell sind es die Frauen II. Zudem ist er seit eineinhalb Jahren stellvertretender Abteilungsleiter und Beachwart, kümmert sich um die Aktivitäten im Sand. „Mir macht es Spaß, Dinge aufzubauen und weiter zu entwickeln“, sagt Beckebans. In Botnang sei das möglich und auch schon einiges gelungen.
Dabei war es zuerst gar nicht so einfach, den Zuspieler von einem Wechsel dorthin zu überzeugen. Beckebans – er kommt ursprünglich aus Nordrhein-Westfalen und spielte ausschließlich für seinen Heimatverein 1. VC Minden – wechselte wegen seines dualen Studiums im Wirtschaftingenieurswesen bei Daimler nach Sindelfingen, spielte dort in der Landesliga. Damaliger Gegner: der ASV Botnang. „Ich habe sofort erkannt, dass ich den haben muss“, erinnert sich Mestmacher. Gebaggert, um in der Volley-Ballsprache zu bleiben, hatte der ASV-Coach häufig an dem Zuspieler. Nach einigen Absagen hat es denn doch geklappt. „Erst als das Studium vorbei, der Umzug nach Stuttgart vollzogen war, habe ich in Botnang zugesagt“, sagt Beckebans.
Mittlerweile ist der Mindener wie gesagt der dienstälteste im Team, das immer noch durch einen tollen Zusammenhalt auf und neben des Platzes überzeuge. Zudem durch sportlich gute Leistungen, und das, obwohl bei „uns nicht mit Scheinen gewedelt wird“, so der Zuspieler. Und die Erfolgssträhne soll anhalten – auch gegen Karlsruhe. Die Badener liegen trotz gleicher Anzahl an Siegen mit einem Punkt in Führung, weil der ASV Botnang eine Partie „nur“ mit 3:2 gewonnen hat. Solch ein knapper Ausgang gibt im Volleyball zwei anstatt drei Punkte, für den Unterlegenen noch einen. Doch nach dem Spiel am Sonntag sollen die Tabellenplätze getauscht sein. Karlsruhe überzeuge durch Akteure mit Erstliga-Erfahrung und viel Individualität, weiß Beckebans. Das bedeute aber nicht, dass bei den Botnangern verstecken angesagt sei. Ganz im Gegenteil. „Unsere Stärke ist das Kollektiv, was wir in dieser Runde einmal mehr bewiesen haben.“
Und da ist noch der Standortvorteil. „In unser Ballsporthalle muss man uns erst mal besiegen“, sagt der 35-Jährige, der schon mehrere Anfragen aus der zweiten Bundesliga ausgeschlagen hat, sich die höhere Etage mit seinem Herzensverein aber durchaus vorstellen könnte. „Wenn es strukturell und sportlich passt, wäre die zweite Liga reizvoll – aber nur mit dem ASV“, sagt Beckebans.