Die Stuttgarter Volleyballerinnen gewinnen den Supercup gegen Dresden.

Berlin - Nach den obligatorischen Interviews ist die Mannschaft von Allianz MTV Stuttgart sofort in die Kabine in den Katakomben der Berliner Mercedes-Benz-Arena gerannt. Die Aufgabe: Für ein Sieger-Selfie posen und dies sofort zu Kim Renkema nach Bad Cannstatt schicken. Die Kapitänin und Strahlefrau musste mit einem Infekt das Bett hüten und verpasste notgedrungen, wie schon in der vorvergangenen Saison (seinerzeit Blinddarm-OP) das Meisterschaftsfinale, nun auch die Supercup-Premiere.

 

Wie auch immer – auch Renkema freute sich daheim mit. Denn der Nimbus der Unbesiegbarkeit des Dresdner SC, der in den vergangenen Jahren die Mannschaft von Trainer Guillermo Naranjo Hernández zweimal im Meisterschaftsrennen und einmal im Pokalfinale in spannenden und emotional geführten Begegnungen äußerst knapp bezwang, ist gebrochen. Allianz MTV Stuttgart setzte sich in Berlin vor rund 5000 Zuschauern mit 3:1 (25:20, 25:23, 24:26, 25:20) durch. „Wir sind immer noch dabei, verschiedene Dinge auszuprobieren, und in manchen Situationen sind wir dabei stecken geblieben“, sagte Trainer Guillermo Naranjo Hernández und erklärte damit den Black-out seines Teams im dritten Satz, als unnötigerweise zwei Matchbälle ungenutzt blieben und deshalb mit dem vierten Durchgang, wie einst in der Schule, eine Runde Nachsitzen angesetzt war.

Bei Renáta Sándor war die Freude besonders groß

Doch nach insgesamt zwei Stunden durfte Stuttgart den Sieg feiern, und die Mannschaft lag sich jubelnd in den Armen. Besonders freute sich dabei Renáta Sándor, die in der vergangenen Saison mit einem Kreuzbandriss ausfiel und in Berlin ein tolles Comeback feierte. „Mein Knie fühlt sich super an, ich selbst habe aber noch nicht meinen Rhythmus gefunden. Das geht noch besser“, sagte die ungarische Nationalspielerin, die neun Punkte zum Sieg besteuerte. Dem Spiel den Stempel setzten Spätrückkehrerin Michaela Mlejnková und die neue amerikanisch Diagonalangreiferin Aiyana Whitney auf, die beide auf 24 Punkte kamen. „Michaela ging als junges Mädchen in den Sommer mit der tschechischen Nationalmannschaft. Jetzt ist sie als gereifte junge Dame zurückkehrt und spielt auf einem ganz anderen Level“, lobte Hernández.

Der Supercup als dritter möglicher Titel im deutschen Volleyball ist ein weiterer Versuch der Protagonisten, ihre Sportart am Markt und vor allem bei den Fernsehanstalten zu präsentieren, schließlich gelten TV-Zeiten als Heilsbringer beziehungsweise als Kassenfüller angesichts in der Szene weit verbreiteter angespannter Etats. Der Deutsche Volleyball-Verband ist marode, muss seit längerem ausgelaufene Sponsorenverträge ersetzen, Nationaltrainer-Stellen besetzen und ein sinnvolles Leistungssportkonzept für Olympia 2024 entwickeln, denn für Tokio 2020 scheint der Zug schon abgefahren zu sein.

Große Hoffnungen liegen auf dem neuen Vermarkter

Die Volleyball-Bundesliga selbst leidet unter nahezu regelmäßigen Insolvenzen einzelner Teams sowie einer großen Angst eigentlich sportlich qualifizierter Zweitligameister, den Schritt nach oben auch tatsächlich zu gehen. Große Hoffnungen liegen nun auf dem neuen Vermarkter ProSiebenSat1, der gemeinsam mit der Volleyball-Bundesliga den Supercup etablieren will und dafür bereits für weitere zwei Jahre die Mercedes-Benz-Arena in der Hauptstadt Berlin gebucht hat.

Bereits im November 2010 gab es einen einmaligen Versuch mit dem Liga-Pokal, der seinerzeit im thüringischen Suhl als Final Four-Turnier ausgespielt wurde. Auch damals standen sich im Finale der Dresdner SC und Allianz MTV Stuttgart gegenüber, und auch da gewannen die Schwaben mit 3:1.

Spielerisch nicht auf höchstem Niveau

Auch wenn die Supercup-Premiere spielerisch nicht auf höchstem Niveau vor großem, aber sehr verhaltenem Publikum hatte, ist beim Stuttgarter Team auf jeden Fall die Freude über den Titel groß. „Das war unser erste Sieg in dieser Saison, und es werden noch weitere folgen“, sagte Zuspielerin Valerie Nichol und stemmte den neuen Pokal in die Höhe: knapp vier Kilo schwer, 45 Zentimeter hoch, 24 Zentimeter Durchmesser: Platz für genügend Siegessekt.

In Stuttgart soll der Pott noch einmal gefüllt werden. Und dann ist auch Kapitänin Kim Renkema wieder mit dabei.