Die Stuttgarter Volleyballerinnen haben erstmals die Meisterschaft gewonnen. Dennoch wird sich das Gesicht des Teams stark verändern – und das nicht nur, weil Molly McCage, Renata Sandor und Micheli Tomazela Pissinato ihre Karriere beenden.

Stuttgart - Es ist im Volleyball üblich, Verträge mit eher kurzer Laufzeit abzuschließen. Das lässt sowohl den Vereinen wie auch den Aktiven alle Optionen offen. Was, logisch, schnell mal zu einem größeren Umbruch führen kann – und das völlig unabhängig von Erfolg oder Misserfolg, wie nun das Beispiel Allianz MTV Stuttgart zeigt: Das Gesicht des Teams wird sich nach der ersten Meisterschaft erheblich verändern.

 

Schon länger klar ist, dass der Verein weiter auf vier Säulen bauen kann: Diagonalangreiferin Krystal Rivers (24), Zuspielerin Pia Kästner (20) sowie Roosa Koskelo (27) und Annie Cesar (22/beide Libera) haben ihre Verträge jeweils um zwei Jahre verlängert. „Darüber bin ich sehr froh“, sagt Sportchefin Kim Renkema, „jeder Club braucht schließlich Identifikationsfiguren.“

Das waren zuletzt auch drei Spielerinnen, die künftig nicht mehr dabei sein werden. Die Mittelblockerinnen Molly McCage und Micheli Tomazela Pissinato beenden ihre Karriere ebenso wie Außenangreiferin Renata Sandor. Bei Pissinato (35) und Sandor (28), die seit fünf Jahren für den MTV spielen und weiter in Stuttgart wohnen werden, kommt das weniger überraschend als bei McCage (25). „Sie ist definitiv die beste Blockerin der Liga, hätte sicherlich noch eine große Zukunft im Volleyball gehabt“, sagt Kim Renkema, „ihre Entscheidung ist schwer zu verstehen, aber natürlich trotzdem zu akzeptieren.“

Wilhite wechselt nach Brasilien

Mit Paige Tapp gab es zwar noch keine Gespräche, klar ist jedoch, dass Renkema sie sehr gerne halten würde. Weil die 23-Jährige aber stets sagt, dass ihr Volleyball-Traumland Italien ist, wo in Bergamo ihre Zwillingsschwester Hannah spielt, könnte es sein, dass der MTV gleich drei neue Mittelblockerinnen benötigt. Und es ist nicht ausgeschlossen, dass im Außenangriff ebenfalls ein kompletter Personalwechsel ansteht.

Bisher beschäftigt der Meister dort ein Quartett. Neben Sandor, die im Sommer noch für das ungarische Nationalteam aufschlagen will, wird auch Sarah Wilhite (23) sicher gehen. Die US-Nationalspielerin hat bereits einen Kontrakt in Brasilien unterschrieben. „Sie verfügt über enormes Potenzial, das hat sie in der Finalserie gezeigt“, sagt Renkema, „allerdings muss sie mental noch viel lernen.“

Bleiben Jana-Franziska Poll (31), die in dieser Saison länger auf dem Feld stand als jede andere MTV-Spielerin, und Julia Schaefer (22). Mit beiden haben noch keine Verhandlungen stattgefunden, allerdings gibt es Anzeichen, die auf eine Trennung hindeuten. Poll, die deutsche Nationalspielerin, spricht immer wieder davon, näher bei ihrem Mann sein zu wollen, der in Aachen lebt. Und Schaefer, das große Talent, das sich im vierten Finalspiel in Schwerin einen Bruch des Wadenbeins zuzog, braucht mehr Einsatzzeiten, als sie in Stuttgart erhält, um voranzukommen. „Ich werde definitiv wieder fit sein, wenn die Vorbereitung beginnt“, sagte sie nach ihrer Operation am Freitag, „bei welchem Verein das sein wird, weiß ich jetzt noch nicht. Ich konzentriere mich erst mal voll auf meine Reha.“ Weil Renkema vorhat, im Außenangriff ein oder zwei deutsche Talente zu entwickeln („Das ist für die Zukunft strategisch wichtig“), könnte es sein, dass der Verein das Geld, das er bisher für vier Spielerinnen ausgegeben hat, künftig in ein schlagkräftiges Trio investiert.

Was macht die Kapitänin?

Offen ist noch, was mit Zuspielerin Madison Bugg, die im entscheidenden fünften Finale ihre bisher beste Leistung im MTV-Trikot gezeigt hat, und mit Kapitänin Deborah van Daelen (30) passiert. Die Diagonalangreiferin wird sich erst nach der Titelfeier entscheiden, ob sie ihre Karriere fortsetzt.

„Sie ist eine tolle Persönlichkeit, wenn sie will, hat sie ihren Platz im Team sicher“, sagt Sportchefin Renkema, die trotz der großen Veränderung alles andere als sorgenvoll in die Zukunft blickt: „So ein Umbruch ist natürlich eine Herausforderung, zumal uns Spielerinnen verlassen werden, die dem Team ein Gesicht gegeben haben. Gleichzeitig bietet sich aber die Chance, eine Mannschaft zu formen, die noch einen Tick stärker ist – auch wenn das nicht einfach wird.“