Auf dem Feld schmettern die Stuttgarter Volleyballerinnen um den Meistertitel, hinter den Kulissen kämpft das Management des Vereins um die Mannschaft der nächsten Saison.

Stuttgart - Die Stuttgarter Volleyballerinnen haben zuletzt alles andere als schlecht gespielt, und trotzdem gab es zwei 2:3-Heimniederlagen. Erst zum Bundesliga-Abschluss gegen den SSC Schwerin, dann im Halbfinale des CEV-Cups gegen Minchanka Minsk aus Weißrussland. Schlimm war das nicht, da Rang eins in der Liga schon vorher feststand und die europäischen Ziele längst erreicht sind. Als Warnung taugten die beiden Misserfolge aber allemal: Siege sind keine Selbstverständlichkeit. Erst recht nicht in den Play-offs.

 

An diesem Samstag (19.30 Uhr) steht in der Scharrena das erste von maximal drei Viertelfinal-Duellen gegen die Roten Raben Vilsbiburg an. Ein Sieg ist Pflicht, denn die Ziele des Vereins sind hoch. „Wer die Bundesliga als Erster beendet, will auch Meister werden“, sagt Kim Renkema, „den DM-Titel zu holen, ist für uns möglich.“

Die Zuversicht der Sportchefin ist deshalb so groß, weil ihr Team in allen drei Play-off-Runden im entscheidenden Duell Heimrecht hätte. Weil derzeit alle 14 Spielerinnen fit sind. Und weil der Kader qualitativ so breit ist, dass Trainer Giannis Athanosopoulos ohne größeren Qualitätsverlust wechseln kann. „Der SSC Schwerin hat in Louisa Lippmann die mit Abstand beste Spielerin der Bundesliga, der Dresdner SC hat Piia Korhonen“, sagt Renkema, „doch wir sind weniger abhängig von der Leistung einer Spielerin. Das ist ein großer Vorteil.“

Kräftemessen hinter den Kulissen

Begehrt sind allerdings auch die MTV-Profis. Es ist der Fluch des Erfolgs: Je besser eine Volleyballerin in der Bundesliga spielt, umso schwieriger ist es, sie dort zu halten. Denn in Italien, der Türkei oder Russland sind die Gehälter oft doppelt so hoch. Mindestens. Weshalb sich Kim Renkema und MTV-Geschäftsführer Aurel Irion nicht nur mit Aufschlägen, Blocks und Schmetterbällen beschäftigen, sondern auch mit dem Kräftemessen hinter den Kulissen. Es geht um die Mannschaft der Zukunft, und darum, wie stark sie sein wird. Gleichzeitig dürfen die Verhandlungen keine Unruhe ins aktuelle Team bringen. Dafür braucht es Fingerspitzengefühl. Aber auch Geld (der Etat wird wohl unverändert bei rund 1,3 Millionen Euro liegen) und klare Ansagen. „Den Kern unseres künftigen Teams“, erklärt Renkema, „wollen wir am Ende der Play-offs unter Vertrag haben.“

Die MTV-Macher wissen um die Gefahr, vier oder fünf ihrer Profis zu verlieren, die den nächsten Schritt machen wollen. Dennoch sagt Kim Renkema: „Ich bin optimistisch, dass ein paar sehr gute Spielerinnen bleiben werden.“ Unbedingt verlängern will der Verein mit Molly McCage (24), der besten Mittelblockerin der Liga. „Die Chancen“, meint die Sportchefin, „stehen gut.“ Wie auch bei Kapitänin Deborah van Daelen (28). Die Diagonalangreiferin spielt nicht nur die beste Saison ihrer Karriere, sondern auch in den Planungen der beiden Chefs eine wichtige Rolle: „Sie ist das Gesicht des Teams und viel wichtiger, als manche Außenstehende meinen.“

Pia Kästner gilt als großes Talent

Auch bei Mittelblockerin Paige Tapp (22) und Außenangreiferin Renáta Sándor (27) ist das MTV-Management zuversichtlich. Zwei andere Außenangreiferinnen werden dagegen kaum zu halten sein: Michaela Mlejnková kündigte schon im Sommer 2017 an, wohl ihre letzte Saison in der Bundesliga zu spielen. Und bei Nika Daalderop (19) war Renkema von Anfang an klar, dass Stuttgart nur eine Durchgangsstation sein würde: „Sie hat eine große Karriere vor sich.“

Eher keine Zukunft beim MTV dürften Diagonalangreiferin Nikoleta Perovic (23) und Mittelblockerin Jenna Potts (24) haben, die hinter den Erwartungen geblieben sind. Mit Femke Stoltenborg (26) sind die Verantwortlichen sehr zufrieden, ein Gespräch mit der Zuspielerin gab es aber noch nicht. Deren Vertreterin Pia Kästner (19) hat dagegen bereits verlängert, was durchaus als Fingerzeig verstanden werden darf.

Kästner gilt nicht nur als extrem großes Talent, sondern auch als Zuspielerin der Zukunft in Stuttgart. Weil sie ein feines Händchen hat. Und weil sie Deutsche ist. In der Saison 2019/20 wird in der Bundesliga eine Ausländerbeschränkung eingeführt. Wie die Regelung genau aussieht, ist noch unklar. Nicht vorbereitet zu sein, wäre trotzdem fahrlässig. „Wir werden alles tun, um den deutschen Anteil bei uns zu erhöhen“, erklärt Renkema, „ich weiß nicht, wie schnell uns das gelingt. Aber sicher ist, dass wir irgendwann deutsche Stammspielerinnen auf dem Feld benötigen.“

Was zeigt: Nicht nur die Play-offs sind eine diffizile Sache, sondern auch die Planungen der Zukunft. Denn wie für sportliche Duelle gilt auch für Vertragsgespräche: Erfolge sind keine Selbstverständlichkeit.