Spannung pur: Mit einem Sieg in Schwerin könnten sich Stuttgarts Volleyballerinnen doch noch Platz eins sichern.

Stuttgart - Gespannt blickte ein Traube aus Spielerinnen und Offiziellen von Allianz MTV Stuttgart auf das Smartphone von Sportchefin Kim Renkema. Dann folgte ein kollektiver Jubelschrei. Wenige Minuten nach dem verwandelten Matchball zum 3:0 (25:22, 25:16, 25:18)-Heimsieg gegen die Roten Raben Vilsbiburg stand fest, dass die Stuttgarterinnen doch noch Chancen haben, die Bundesliga-Hauptrunde als Erster abzuschließen, weil Tabellenführer SSC Palmberg Schwerin parallel eine 2:3-Niederlage beim SC Potsdam hinnehmen musste. „Jetzt haben wir es in den eigenen Händen, als Erster in die Play-offs zu gehen“, sagte Kim Renkema – und fügte merklich erleichtert hinzu: „Und jetzt können wir auch endlich wieder über Volleyball reden.“

 

Zuletzt hatte ja eine andere Frage die Arbeit der MTV-Verantwortlichen bestimmt: Wird nach dem 0:3 im Hinspiel das Viertelfinal-Rückspiel in der Champions League gegen Imoco Volley Conegliano stattfinden oder nicht? Angesichts der Verbreitung des Coronavirus in Norditalien wurden verschiedene Szenarien durchgespielt. „Conegliano wollte nicht noch einmal in Stuttgart antreten, wir nicht in Treviso im Corona-Risikogebiet“, sagte Geschäftsführer Aurel Irion. Und die im Raum stehende Austragung in neutraler Halle im slowenischen Maribor hätte den Bundesligisten zusätzlich rund 30 000 Euro gekostet. „Das wäre für uns wirtschaftlich nicht zu verantworten gewesen“, erklärte Irion. Letztlich verständigten sich die Clubs darauf, die Partie abzusagen, wodurch die Italienerinnen im Halbfinale stehen. „Diese Entscheidung ist uns nicht leichtgefallen“, sagte Irion, „aber mit Blick auf die Gesundheit unserer Spielerinnen und aus wirtschaftlicher Sicht war sie die vernünftigste.“

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Bei Mannschaft und Trainer sorgte die Absage für gemischte Gefühle. „Ich kann die Entscheidung verstehen, aber aus sportlicher Sicht bin ich enttäuscht“, sagte MTV-Cheftrainer Giannis Athanasopoulos. Seinen Spielerinnen würde dadurch ein besonderer Moment in ihrer Karriere genommen, ärgerte sich der Grieche und kritisierte zugleich den europäischen Verband: „Wenn die CEV möchte, dass Volleyball größer wird, sollte sie die Vereine auch finanziell unterstützen. Und das war nicht der Fall.“ Die Spielerinnen schwankten wie ihr Trainer zwischen Verständnis und Enttäuschung. „Es wäre für alle toll gewesen, noch einmal gegen die beste Mannschaft der Welt zu spielen“, meinte Martina Samadan, „aber wir haben ja noch wichtige Aufgaben vor uns.“

Von der Enttäuschung war bei den Stuttgarterinnen am Samstagabend in der Scharrena aber nichts zu spüren. Vom ersten Ballwechsel an dominierte die Mannschaft um Kapitänin Krystal Rivers, die mit 14 Punkten beste Angreiferin war. Bereits nach 78 Minuten durften die 2152 Zuschauern jubeln: Lara Berger verwandelte den dritten Matchball. „Wir haben gegen einen starken Gegner unser Spiel voll durchgezogen, das war eine unserer besten Saisonleistungen“, sagte Renkema. Aufgrund der 2:3-Niederlage des SSC Schwerin in Potsdam könnte der 16. Saisonsieg der Stuttgarterinnen noch ein besonders wertvoller werden. Aktuell liegt der Meister zwei Punkte vor den Schwerinerinnen, die ihr Heimspiel an diesem Dienstag gegen den Tabellenletzten VfB Suhl aber wohl klar gewinnen werden. Sicher ist, dass die Entscheidung, wer als Erster in die Play-offs einzieht, erst am Samstag im direkten Duell fallen wird. Die Ausgangssituation: Gewinnt der MTV in Schwerin mit 3:0 oder 3:1, liegt er sicher vorne, sonst bleibt wird SSC Bundesliga-Erster. „Wir bekommen ein echtes Endspiel um Platz eins“, sagte Kim Renkema, „das wird auf jeden Fall ein toller Abschluss der Hauptrunde.“