Volleyball-Bundesliga Aus für den SC Potsdam – der Ärger der Konkurrenz ist groß

Das Duell zwischen Allianz MTV Stuttgart (Lucia Varela Gomez/li.) und dem SC Potsdam wird es künftig nicht mehr geben. Foto: Baumann

Der finanziell angeschlagene Bundesligist SC Potsdam erhält keine Lizenz für die nächste Saison – was auch für die Teams aus Stuttgart und Flacht eine schlechte Nachricht ist.

Die Volleyballerinnen des SC Potsdam befinden sich derzeit in der Türkei. Sie bestreiten dort ein hochkarätig besetztes Turnier, bei dem sie sich auf die in zwei Wochen beginnende Bundesliga-Saison einstimmen wollten. Doch das ist nun hinfällig. Denn seit Donnerstagabend ist klar, dass der schon seit Jahren in finanziellen Schwierigkeiten steckende Verein keine Lizenz mehr erhalten wird – worauf die Konkurrenten mit unüberhörbarem Frust reagieren.

 

„Das ist eine sehr schlechte Nachricht, und der Zeitpunkt ist richtig mies“, sagt Aurel Irion, der Geschäftsführer von Allianz MTV Stuttgart, „wir verlieren ein Team, kurz bevor die Bundesliga losgeht. Der Imageschaden, der dadurch entsteht, macht uns große Sorgen.“ Ähnlich äußert sich Jan Lindenmair. „Wir sind über diese Entwicklung sehr traurig“, erklärt der Sportliche Leiter der Binder Blaubären TSV Flacht, die zu den drei in diesem Sommer aus der 2. Liga Pro dazugestoßenen Vereinen gehören, „wir sind bemüht, die Bundesliga zu einem besseren Wettbewerb zu machen, umso mehr trifft uns dieses bedauerliche Szenario.“ Zu dem es aus Sicht des Liga-Verbandes jedoch keine Alternative gab.

Der SC Potsdam sorgte immer wieder für negative Schlagzeilen

Der SC Potsdam ist schon länger das größte Sorgenkind der Volleyball-Bundesliga (VBL). Vor zwei Jahren leiteten die Behörden Ermittlungen wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung und des Sozialversicherungsbetrugs gegen den SCP ein. Daraufhin wurde eine neue Sport & Marketing GmbH gegründet, um weiter erstklassig Volleyball spielen zu können. Doch auch diese geriert in finanzielle Schieflage und wurde mehrmals für Verstöße gegen die Lizenzierungsbedingungen bestraft.

Die Antwort auf die Frage, ob der SC Potsdam eine Lizenz für die Saison 2025/26 erhält, ist zuletzt immer wieder aufgeschoben worden. Insgesamt drei Fristen erhielt der Club (1. Mai/1. Juli/1. September), um seine Unterlagen nachzubessern. Am Ende signalisierte die VBL dem SC Potsdam, dass es für ihn nicht gut ausgehen würde, weshalb der Bundesligist seinen Lizenzantrag zurückzog – allerdings nicht, ohne sein Unverständnis zu äußern

Eugen Benzel, der Geschäftsführer des SC Potsdam. Foto: Imago/Conny Kurth

Bis zuletzt, erklärt Eugen Benzel, habe der Verein alles dafür getan, um diesen Schritt zu vermeiden. „Der Volleyball-Bundesliga wurde sogar ein Testat eines Wirtschaftsprüfers vorgelegt, das die Schlüssigkeit der Wirtschaftlichkeit für die nächste Saison bestätigt“, sagt der Geschäftsführer, „ich bin zutiefst enttäuscht. Das haben unsere Spielerinnen, Trainer, Partner, Fans und alle, die es gut mit uns gemeint haben, nicht verdient. Ich kann das Vorgehen der Liga nicht verstehen. Der Schaden ist immens.“ Denn nun müsse die Spielbetriebsgesellschaft einen Insolvenzantrag stellen. Die VBL beurteilt den Fall Potsdam allerdings gänzlich anders.

Kim Renkema: „Das Ganze ist sehr bedauerlich und unschön“

Der SC Potsdam habe, heißt es in einer Mitteilung der VBL, „die erforderliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit auch nach Einräumen mehrerer Nachfristen nicht nachweisen“ können. Und weiter: „Bis zuletzt hat der Lizenzierungsausschuss der VBL gemeinsam mit den Verantwortlichen des SC Potsdam an einer Lösung gearbeitet, um den Standort zu erhalten. Dabei hat der Ausschuss seinen Ermessensspielraum voll ausgeschöpft.“ Dies bestätigt Kim Renkema. „Das Ganze ist sehr bedauerlich und unschön“, sagt die VBL-Geschäftsführerin und frühere Sportdirektorin von Allianz MTV Stuttgart, „aber es war der einzige mögliche Weg.“ So sehen es auch die Konkurrenten.

Im SC Potsdam verliert die Bundesliga zwar einen ihrer Top-Vereine (Vize-Meister 2022 und 2023, Supercup-Sieger 2022, Pokalfinalist 2021, 2023, 2024), aber eben auch einen Club, der wirtschaftlich oft für negative Schlagzeilen sorgte. „Die VBL hat auch diesmal alles versucht, um den SCP über die Schwelle zu tragen. Aber der Verein hat so schlecht gewirtschaftet, dass dies nicht mehr möglich war“, sagt Michael Evers, der Manager des SSC Palmberg Schwerin, „das Vertrauen war verspielt. Eigentlich hätte die VBL schon vor zwei Jahren einen Schlussstrich ziehen müssen. Dass nun die Notbremse gezogen wurde, dafür habe ich absolutes Verständnis.“ Auch Aurel Irion kritisiert an der VBL-Entscheidung lediglich, dass sie erst kurz vor dem Beginn der Saison getroffen wurde: „Zugleich zeigt der Fall SC Potsdam, wie schwer der Frauen-Profisport abseits des Fußballs kämpfen muss.“

Durch den Verlust des SCP hat sich diese Situation nicht verbessert. Die verbliebenen elf Bundesligisten haben nun ein Heimspiel weniger. Allianz MTV Stuttgart wird seinen Dauerkarteninhabern einen Ausgleich anbieten, insgesamt bedeutet der gestrichene Termin einen Einnahmeverlust in fünfstelliger Höhe. Allerdings fällt dafür die Reise zum Auswärtsspiel nach Potsdam weg. „Das finanzielle Minus ist zu verkraften“, sagt Geschäftsführer Irion, „der Ärger und der Schaden für das Ansehen der Volleyball-Bundesliga wiegen schwerer.“

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