Allianz MTV Stuttgart steht nach zwei Niederlagen im Finale gegen Schwerin mit dem Rücken zur Wand. Doch Sportchefin Kim Renkema gibt die Meisterschaft noch nicht verloren.

Stuttgart - Die Stuttgarter Volleyballerinnen müssen drei Spiele in Serie gewinnen, um gegen den SSC Schwerin doch noch Meister zu werden. Vor dem Duell an diesem Samstag (15.30 Uhr/Scharrena) fordert Sportchefin Kim Renkema von ihrem Team, endlich bedingungslosen Siegeswillen zu zeigen.

 
Frau Renkema, Ihr Team liegt in der Play-off-Serie um die Meisterschaft gegen den SSC Schwerin 0:2 zurück, benötigt nun drei Siege in Serie. Was macht Ihnen noch Hoffnung?
Einiges.
Einiges?
Ja. Die Ausgangslage hat sich durch unsere Niederlage am Mittwoch in Schwerin nicht groß verändert. Wir haben immer noch zwei Heimspiele und benötigen zudem einen Auswärtssieg. Es ist folglich immer noch möglich, das Ding zu drehen.
Trotzdem haben Sie nach dem 0:3 in Schwerin Ihr Team sehr deutlich kritisiert, weil Sie den Killerinstinkt und die nötige Aggressivität vermisst haben.
Das stimmt. Ich musste die Spielerinnen wachrütteln und habe Ihnen auch persönlich gesagt, was mich gestört hat. Nach diesem Gespräch weiß ich allerdings auch, dass sich die Mannschaft noch lange nicht aufgegeben hat. Jetzt erwarte ich eine entsprechende Reaktion auf dem Feld.
Wie wird diese ausfallen?
Ich will sehen, dass die Spielerinnen am Samstag nach dem dritten Spiel völlig ausgepumpt auf dem Boden liegen, weil sie alle Energie gegeben haben. Und ich bin sicher, dass es genau so kommen wird.
Wird das reichen, um den SSC Schwerin zu schlagen?
Das weiß ich nicht. Aber wir müssen an unseren Traum glauben, und ich weiß, dass wir ihn verwirklichen können, wenn wir mit vollem Herzen dabei sind.
Ihr Team hat in dieser Saison alle fünf Spiele gegen den SSC Schwerin verloren.
Stimmt, und diese Serie hat natürlich auch einen Grund.
Welchen?
Nur das erste Duell im Supercup war deutlich. Dann folgten vier Spiele, nach denen ich jedes mal dasselbe Bauchgefühl hatte: Wir haben nicht verloren, weil wir individuell schwächer waren. Von der spielerischen, technischen und taktischen Qualität sind die beiden Teams nahezu gleichstark, fast jeder Satz war bis zum Ende offen.
Was hat dann den Unterschied ausgemacht?
Die Schwerinerinnen haben die Erfahrung und den Kampfgeist, um auf den Punkt voll da zu sein, wenn es zählt. Sie holen, anders als wir, gerade in den wichtigen Momenten das gewisse Extra aus sich heraus.
Kann man so etwas lernen?
Natürlich kann man lernen, auch in ganz wichtigen Spielen zu bestehen, mental stark zu sein und am Ende auch zu siegen. Wir haben viele junge Mädels im Team, die diese Erfahrung erst noch machen müssen. Allerdings kann so etwas auch mal ganz schnell gehen, weshalb unser Ziel weiterhin ist, drei Spiele gegen Schwerin zu gewinnen – nun eben die nächsten drei.
Wo soll der nötige Killerinstinkt herkommen?
Wir haben ihn, und ich denke, dass er nun auch geweckt ist. Nach den ersten beiden Spielen ist allen bei uns klar: Man darf verlieren, aber nur, wenn der Gegner stärker ist. Nicht, weil der Gegner einen größeren Willen gezeigt hat – das kann und darf ich nicht akzeptieren. Diesen Lernprozess haben wir nun durchgemacht, und ich bin sicher, dass dies jetzt jede Spielerin verstanden hat.
Trotzdem bleiben die Verletzungsprobleme. Wie sehr fehlt Nika Daalderop?
Sehr. Vor allem, wenn es darum geht, auch mal einen wichtigen Ball auf den Boden zu bringen. Sie war auf der Außenposition unsere Top-Angreiferin.
Schmerzt ihr Ausfall umso mehr, weil Michaela Mlejnkova nicht in der Topform ist, in der sie am Ende der vergangenen Saison war?
Ja. Michaela Mlejnkova durchlebt eine schwierige Saison. Sie zahlt den Preis für die Termine mit der tschechischen Nationalmannschaft. Was da passiert, ist für die Vereine eine ganz gefährliche Entwicklung.
Inwiefern?
Die Nationalspielerinnen haben nach dem Ende der Bundesliga-Saison oft nicht mal einen Tag Zeit, um auszuruhen, weil sie sofort zu ihren Auswahlteams reisen müssen. Dort stehen sie sechs Monate lang nicht nur körperlich unter Volldruck, sondern auch mental – weil viele Spielerinnen das Nationalteam als ihre Hauptaufgabe sehen.
Ihr Geld verdienen sie aber in den Vereinen.
Richtig. Dieses Problem haben natürlich auch andere Clubs, aber wir müssen jetzt damit umgehen, dass Michaela Mlejnkova überspielt wirkt, nicht die Energie hat, über die sie normalerweise verfügt – weil sie nun schon einige Jahre ohne Pause durchspielt. Für uns ist das schlecht, denn wir bräuchten sie, wie alle anderen, in Bestform. Erst recht nach dem Ausfall von Nika Daalderop, der allerdings auch keine Ausrede sein darf: Man verliert nicht eine Finalserie um die Meisterschaft, weil eine Spielerin fehlt.
Wer ist die Führungsfigur in Ihrem Team, an der sich die anderen Spielerinnen in dieser schwierigen Situation orientieren können?
Unsere Kapitänin Deborah van Daelen macht hier einen super Job. Allerdings sind wir auf dem Feld viel ausgeglichener besetzt als zum Beispiel der SSC Schwerin, der in Louisa Lippmann nicht nur eine starke Persönlichkeit hat, sondern auch eine Spielerin, die selbst dann noch 20 Punkte macht, wenn wir gegen sie sehr gut verteidigen. Wir brauchen sechs Führungsfiguren auf dem Feld, bei uns müssen immer alle voll da sein.
Sie sind derzeit als Sportchefin auch hinter den Kulissen gefordert. Wie laufen die Vertragsverhandlungen?
Fest steht mittlerweile, dass auch Außenangreiferin Julia Schaefer bei uns bleiben wird. Das ist ein sehr gutes Zeichen. Nicht nur, weil wir in Pia Kästner, Annie Cesar und ihr nun schon die dritte deutsche Spielerin im Kader für die nächste Saison haben, sondern weil Julia Schaefer auch eine sehr positive Persönlichkeit ist, die immer Qualität aufs Feld bringt, wenn sie die Chance erhält.
Was ist mit Nika Daalderop, Paige Tapp oder Femke Stoltenborg?
Die Gespräche laufen, ich hoffe darauf, noch weitere Verträge verlängern zu können.
Wann werden die ersten Neuzugänge bekanntgegeben?
Nach der Saison.
Wann wird das sein?
Für die Mannschaft, den Trainerstab und die Verantwortlichen gilt: Ende der Saison ist am 5. Mai – nach dem fünften Play-off-Spiel in der Porsche-Arena. Wir glauben weiterhin fest an unseren Traum vom Titel.