Felix Koslowski ist nicht nur Frauen-Bundestrainer, sondern auch der Coach des deutschen Meisters SSC Schwerin – das stört die Konkurrenz gewaltig. Mehrere Bundesliga-Vereine fordern nun, dieses Konstrukt zu beenden.

Stuttgart - In dieser Woche kehrt Felix Koslowski an den Ort zurück, an dem er vor sechs Wochen seinen letzten großen Erfolg als Trainer gefeiert hat: Mit den Volleyballerinnen des SSC Schwerin wurde der 34-Jährige in Stuttgart Deutscher Meister. Nun gastiert von Dienstag bis Donnerstag das deutsche Nationalteam der Frauen in der Porsche-Arena, und auch in den drei Spielen der Nations League gegen China, die Niederlande und die Türkei wird Felix Koslowski den Ton angeben. Diesmal als Bundestrainer. „Diese Doppelrolle ist nicht gut für die Liga“, sagt Kim Renkema, Sportchefin von Vizemeister Allianz MTV Stuttgart, „da muss eine andere Lösung her.“ Und mit dieser Meinung steht sie nicht alleine.

 

Den jüngsten Zoff gab es um Diagonalangreiferin Kimberley Drewniok (20). Der VC Wiesbaden hatte keine Zweifel am Verbleib seiner fleißigsten Punktesammlerin, bis die deutsche Nationalspielerin vor zwei Wochen plötzlich um die Freigabe bat – sie wollte trotz ihres bis 2019 laufenden Vertrags zum SSC Schwerin wechseln. „Wir haben uns an die Abmachungen gehalten, andere leider nicht“, schimpfte VCW-Trainer Dirk Groß, und in der „FAZ“ erklärte er: „Es ist ein Fehler des deutschen Verbandes, dass es einen Bundes- und einen Bundesliga-Trainer in Personalunion gibt.“ Wenn der Coach eines Erstligisten ein Nationalteam trainieren wolle, müsse er dies im Ausland tun.

Vereine beklagen den Faktor Koslowski

Der Vorwurf, der immer wieder zu hören ist: Dank der Doppelrolle von Koslowski habe es der SSC Schwerin leichter, deutsche Spielerinnen zu verpflichten. Entweder weil sie schon im Nationalteam seien und den Coach bestens kennen. Oder weil sie sich durch einen Wechsel zum SSC den Sprung ins Nationalteam erhoffen würden. „Wer eine deutsche Spielerin holen will“, erklärt Kim Renkema, „liegt im Duell mit Schwerin von Beginn an 0:2 hinten.“ Ähnliche Erfahrungen hat Pokalsieger Dresdner SC gemacht. Den Faktor Koslowski, sagt Geschäftsführerin Sandra Zimmermann, habe auch ihr Club „in Verhandlungen mit Spielerinnen schon zu spüren bekommen“.

Im Schweriner Meister-Team 2018 standen in Louisa Lippmann (23), Jennifer Geerties (24) und Marie Schölzel (20) drei aktuelle Nationalspielerinnen, die zum SSC wechselten, als Koslowski dort schon Trainer war. Wie auch Denise Hanke (28), die 2015 zum SSC zurückkehrte. Die Kritik der Konkurrenz lässt der Verein trotzdem nicht gelten lässt. Im Gegenteil. Michael Evers, als Bundesliga-Präsident, Mitglied der Teamleitung und des Wirtschaftsrats beim SSC Schwerin sowie Leiter des Olympiastützpunktes Mecklenburg-Vorpommern einer der mächtigsten Funktionäre im Volleyball, holt zum Gegenschlag aus. „Die Wahrheit ist doch, dass der Bundestrainer keinerlei Einfluss auf den Wechsel einer Spielerin hat“, sagt er, „sie geht zu dem Verein, bei dem sie die beste sportliche Perspektive sieht und bei dem sie sehr gutes, pünktlich überwiesenes, korrekt versteuertes Geld verdienen kann.“

Der Verband hat nicht genug Geld für einen hauptamtlichen Bundestrainer

Zudem betont Evers, dass es schon immer das Konzept des SSC Schwerin gewesen sei, auf deutsche Talente zu setzen, sie zu entwickeln und zu Nationalspielerinnen zu formen. „Wir haben in den seltensten Fällen gestandene Profis geholt“, sagt Evers, „wir waren zwölfmal Meister, zehnmal davon ohne Felix Koslowski. Seine Doppelrolle ist für uns eher ein Nachteil.“ Schließlich sei der Coach von Mai bis Oktober mit dem Nationalteam unterwegs, statt sich um den Club zu kümmern, der ihn zwölf Monate bezahle. Beim DVV hat Koslowski lediglich einen Honorarvertrag. „Der Verband ist so klamm, dass er sich einen hauptamtlichen Nationaltrainer nicht leisten kann. Deshalb ist diese Konstruktion zum jetzigen Zeitpunkt alternativlos“, sagt Evers, der auch die Aufregung um den Wechsel von Kimberley Drewniok nicht verstehen kann: „Was Herr Groß erzählt, ist völliger Quatsch. Die Verpflichtung lief ganz korrekt. Wir haben beim Verein angefragt und hätten eine Absage akzeptiert. Dann wäre die Spielerin eben 2019 zu uns gekommen.“

Koslowski selbst lässt die Kritik an seiner Doppelrolle nicht an sich heran. „Darüber kann ich nur müde lächeln, weil dies sehr engstirnig gedacht ist“, sagte er vor der EM 2017 gegenüber unser Zeitung, „aus meiner Sicht sind wir in Schwerin auf dem Transfermarkt genau so unterwegs wie alle anderen Bundesligisten auch. Aus den Kritikern spricht ein bisschen der Neid. Ich kann nur sagen, dass ich mich gegenüber allen Vereinen absolut loyal verhalte.“ Unterstützung erhält Koslowski von seinen Spielerinnen. „Er ist für den Umbruch im Nationalteam genau der richtige Mann“, meint Louisa Lippmann, Deutschlands beste Volleyballerin, die künftig in Florenz aufschlagen wird: „Es gibt keinen Grund, warum er sich für diese Doppelrolle ständig rechtfertigen muss.“

Der Disput könnte noch heftiger werden

Bei einigen Vereinen wird das anders gesehen. Zum Beispiel beim Dresdner SC. „Diese Konstellation geht nicht länger, weil jeder Bundesligist gute deutsche Spielerinnen als Identifikationsfiguren braucht“, sagt Trainer Alexander Waibl, dem der Fall Drewniok sauer aufstößt: „Ich muss doch als Bundestrainer über jeden Verdacht der Klüngelei erhaben sein. Unter diesem Aspekt geht so ein Wechsel nicht.“

Der Disput um die Doppelrolle wird noch heftiger werden, sollte wie angedacht in der Bundesliga ab nächster Saison eine Ausländerbeschränkung greifen – weil hochkarätige deutsche Profis dann umso begehrter sein werden. „Eine solche Regelung ist nur dann sinnvoll, wenn alle Vereine die selbe Chance haben, deutsche Spielerinnen zu verpflichten“, sagt Kim Renkema, „doch das ist nicht der Fall, solange der Coach des SSC Schwerin auch Nationaltrainer ist.“ Zustimmung erhält die MTV-Sportchefin von Alexander Waibl: „Bleibt die Doppelrolle, müssen wir über eine Ausländerbeschränkung erst gar nicht reden. Das wäre irrsinnig.“

Am Freitag treffen sich die Bundesligisten in Berlin zu ihrer Vollversammlung. Stoff für anregende Diskussionen gibt es genügend.