Die Volleyball-Clubs Allianz MTV Stuttgart und SSC Schwerin spielen in der Champions League – und wundern sich: Obwohl von den Vereinen die TV-Produktion verlangt wird, müssen die Fans für Live-Bilder bezahlen.

Istanbul/Stuttgart - Das Abenteuer Königsklasse beginnt für die Stuttgarter Volleyballerinnen mit einem Trip an den Bosporus. An diesem Donnerstag (17 Uhr/MEZ) treffen sie dort auf den Titelverteidiger. „Vakifbank Istanbul ist aktuell das beste Vereinsteam der Welt“, meint Aurel Irion, der Geschäftsführer von Allianz MTV Stuttgart, „unser Team freut sich darauf, sich auf höchstem Niveau präsentieren zu können. Ein 0:3 wäre normal – aber vielleicht können wir unseren Gegner ja ein bisschen ärgern.“

 

Das käme überraschend. Weniger unwahrscheinlich ist, dass sich die Fans vieler Teams, die in der Champions League spielen, ärgern werden. Über die Politik des europäischen Volleyball-Verbandes.

Nur ein Monat ist gratis

Die CEV verlangt viel von den 20 Teilnehmern. 25 000 Startgeld zum Beispiel. Und auch die Produktion von TV-Bildern, weshalb bei jedem Heimspiel ein hoher vierstelliger Betrag anfällt. Das gehört zu den Spielregeln. Mit Unverständnis reagiert Irion allerdings darauf, dass die Live-Bilder, die auf Kosten der Vereine entstanden sind, nun hinter einer Bezahlschranke verschwinden. Das Unternehmen Sportradar, das von der CEV die Übertragungsrechte für die Champions League der Männer und Frauen erworben hat, verlangt von den Fans (nach einem Gratismonat) für Live-Bilder im Internet acht Euro pro Monat. „Das hilft dem Volleyball in keinster Weise. Wir sind noch nicht an dem Punkt angelangt, an dem Interessierte so viel Geld in die Hand nehmen“, sagt MTV-Geschäftsführer Irion, „es ist sicherlich der falsche Weg, Geld zu verlangen, das noch gar nicht im Markt ist.“

Ob es auch moralisch fragwürdig ist, erst von Vereinen die Produktion von TV-Bildern zu verlangen und dem Rechteinhaber dann zu erlauben, für deren Ausstrahlung die Zuschauer zur Kasse zu bitten? Dazu will sich Andreas Burkard lieber nicht äußern. „Zu diesem Thema gibt es keinen emotionalen Einwurf von mir“, sagt der Geschäftsführer des deutschen Meisters SSC Palmberg Schwerin, „wer an der Champions League teilnehmen will, der muss sich diesen Regeln eben unterwerfen.“ Sofern er keine Mittel und Wege findet, die Statuten zu umgehen.

Allianz MTV Stuttgart ist das gelungen – dank einer Kooperation mit dem SWR. Die TV-Anstalt hat sich die Rechte dafür gesichert, alle sechs Spiele des deutschen Vizemeisters gegen Vakifbank Istanbul, Beziers VB und Maritza Plovdiv live zu streamen, und sie verlangt dafür von den Zusehern keine Gebühr. „Im Rahmen unserer Möglichkeiten“, sagt Thomas Wehrle, Abteilungsleiter Fernsehen im Sportressort des Senders, „versuchen wir Vereinen zu helfen, die diese Hilfe brauchen.“

Zu wenig Strahlkraft für eine Live-Übertragung im Fernsehen

Dazu gehört auch, dass der SWR bei zwei (von drei) Heimspielen der Stuttgarter Volleyballerinnen die Produktion der TV-Bilder übernimmt, und sollte das Team ins Viertelfinale einziehen, ist eine Fortesetzung der Kooperation nicht ausgeschlossen. „Aus unserer Sicht ist das Ganze ein Experiment“, erklärt Wehrle, „aber in diesem Fall würden wir mit Sicherheit über eine weitere Zusammenarbeit sprechen.“ Nicht geplant ist beim SWR, das produzierte Fernsehsignal für eine Live-Übertragung im TV zu nutzen – dafür hat Volleyball (noch) nicht genug Strahlkraft.

Trotzdem ist Allianz MTV Stuttgart dankbar für die Unterstützung des TV-Senders. Der SSC Palmberg Schwerin hofft auf eine ähnliche Abmachung mit dem NDR, am liebsten noch vor dem ersten Heimspiel in der Champions League am 18. Dezember gegen Imoco Volley Conegliano (Italien). Bisher gibt es noch keine Vereinbarung, weshalb Interessierte für die Internet-Übertragung des ersten Duells am Dienstagabend bei LKS Commercecon Lodz (1:3) bezahlen oder sich für den Gratismonat registrieren mussten. Sind auch die restlichen fünf Vorrundenpartien nicht frei zugänglich zu sehen, würde dem SSC Schwerin fehlen, was für Volleyball-Vereine enorm wichtig ist: Aufmerksamkeit.

Das würde doppelt schmerzen, weil die Teilnahme an der Champions League für die beiden deutschen Vertreter ohnehin schon ein Zuschussgeschäft ist. Irion rechnet mit Kosten in Höhe von rund 100 000 Euro, Kollege Burkard sagt: „Wir werden eine rote Zahl schreiben – und keine knappe.“ Was der europäische Verband dazu sagt? Auf Anfrage des NDR-Medienmagazins „Zapp“ teilte die CEV schriftlich mit: „Ob und für wen die Champions League ein Zuschussgeschäft ist, wissen wir nicht.“ Besser hätte sich kaum dokumentieren lassen, wie weit die CEV von ihrer Basis entfernt ist.