S-Bahn-Sperrung zwischen Waiblingen und Bad Cannstatt Fahrrad oder Ersatzbus: Was klappt besser?

Sebastian Biller vom ADFC leitet geführte Touren von Waiblingen nach Bad Cannstatt – ein Kamerateam begleitet den Auftakt. Foto: Eva Schäfer

Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club bietet zu den Stoßzeiten geführte Touren für Pendler von Waiblingen nach Bad Cannstatt an. Die Guides wollen anregen, während der S-Bahn-Sperrung verstärkt aufs Rad zu setzen, um zur Arbeit nach Fellbach oder Stuttgart zu kommen.

Rems-Murr: Eva Schäfer (esc)

Es ist ein kleiner Kreis, der sich am Montagmorgen am Hintereingang des Parkhauses beim Waiblinger Bahnhof trifft. Die untere Ebene wird in den kommenden Wochen als „Bike-and-Ride-Parkhaus“ genutzt: Rund 100 Räder können dort über Nacht abgestellt werden. Um 8 Uhr startet die geführte Tour, die der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) angesichts der Streckensperrungen der Bahn zwischen Waiblingen und Bad Cannstatt bietet. „Es muss sich noch etwas einspielen“, sagt Sebastian Biller vom ADFC, der an diesem Morgen die Tour leitet. Pendlern soll gezeigt werden, wie sie schnell und sicher in die Landeshauptstadt kommen.

 

Auch ein Kamerateam ist vor Ort: Das Thema Bahnsperrung und was es für die vielen Menschen bedeutet, die zur Arbeit nach Fellbach oder Stuttgart müssen, rückt in den Fokus der Aufmerksamkeit. Die nächsten Wochen geht gar nichts per Zug oder S-Bahn zwischen Waiblingen und Cannstatt. Nur die Ersatzbusse rollen. Eine Option kann dann sein, sich auf den Radsattel zu setzen.

Der Radtross rollt an den vielen Autos im Stau vorbei

Dann geht es los – im Pulk, immer den Markierungen nach, die auf den Asphalt gezeichnet wurden. Die Radstrecke von Waiblingen nach Fellbach wurde an einigen Stellen verbessert, so wurde die Verbindung am Schwabenlandtower wiederhergestellt, der Bauzaun am Towers versetzt. Die Gruppe kann so geradeaus radeln, ohne einen Umweg ums Rems-Murr-Center und durchs Wohngebiet machen zu müssen. Ein Stopp ist an der Theodor-Heuss-Straße. Auch die Radbeauftragten der Stadt Fellbach, Birgit Orner und Julia Dickow, sind hier mit von der Partie. In Fellbach wurden mit roten Markierungen einige Gefahrenstellen entschärft. Nun geht es der Nürnberger Straße entlang runter nach Bad Cannstatt. Die Gruppe zieht flott an den vielen Autos vorbei, die dort im Stau stehen. Doch Richtung Uff-Kirchhof in Bad Cannstatt wird es recht eng, und Aufmerksamkeit ist ebenso geboten, wenn die Gleise überquert werden, um dann unter den blühenden Kastanien in der Taubenheimstraße weiterzuradeln. Die Straße abseits der Hauptachse ist ruhiger, weniger lärmgeplagt, auch die Luft ist angenehmer.

Weiter geht’s am Cannstatter Bahnhof vorbei und schließlich durch eine Engstelle auf die Mercedesstraße. Beim Passieren der Sprudler an den Mineralbädern ist der lebhafte Rad-Gegenverkehr zu beachten. „Auch wenn nicht alles perfekt ist auf dem Weg von Waiblingen nach Stuttgart, ist ein Anfang gemacht, um mehr Menschen den Umstieg aufs Rad zu ermöglichen“, sagt Kathleen Lumma, die Landesgeschäftsführerin des ADFC, die mitradelt. Am Bad Berg endet die gemeinsame Fahrt. Auch Claudia Daiber, die aus der Nähe von Schwäbisch Gmünd zu ihrem Arbeitsplatz in Fellbach pendelt, wo sie im Hort der Maicklerschule tätig ist, will die nächsten Wochen aufs Rad setzen. Sie hat ein Zweitrad flott gemacht, das sie in dem Park-and-Ride-Parkhaus in Waiblingen am Abend sicher abstellen möchte, um dann am nächsten Morgen per Rad wieder nach Fellbach fahren zu können. Da sie in den Stoßzeiten unterwegs sein muss, ist ihr das Radeln lieber als der Ersatzbus. Aber leider sei die Einrichtung der Parkmöglichkeit für sie etwas spät erfolgt. „Ich hätte mein Rad dort gerne schon am vergangenen Donnerstag abgestellt, ich muss ja planen“, sagt Claudia Daiber, die freitags nicht in der Kita ist. Ansonsten hat sich die Erzieherin auf einiges vorbereitet – ein Regencape deponiert und auch Ersatzkleidung ins Büro gebracht.

Noch sind sehr wenige Räder auf der Ebene im Waiblinger Parkhaus abgestellt

Sabine und Norbert Anstett setzen sich ohnehin schon meist aufs Rad, um von Fellbach-Schmiden zu ihrer Arbeit nach Stuttgart zu kommen. „Wir sind am Montag eine etwas anderer Strecke als sonst gefahren“, sagt der Rad-Routinier. Seiner Erfahrung nach sei der Verkehr an diesem Montag vergleichsweise entspannt gewesen. „Vielleicht haben viele im Voraus aufs Homeoffice gesetzt“, sagt er. Schließlich war ja zunächst ein Bahnstreik angesagt gewesen, der dann am Wochenende wieder abgesagt worden war. Am Montagabend hat Claudia Daiber das erste Mal ihr Rad auf der unteren Ebene des Parkhauses Innerer Weidach abgestellt und mit einer Kette an den Halterungen gesichert. Dort waren an dem Abend nur sehr wenige Fahrräder geparkt. Die Möglichkeit muss sich offenbar noch herumsprechen. Vom Hort in Fellbach ist sie flott nach Waiblingen geradelt – und hatte es vor dem kräftigen Regenguss noch rechtzeitig zum Bahnhof geschafft. Doch alles in allem bedeuten die Alternativen zur Bahn für die Pendler deutlich mehr Zeit, Nerven und mehr Aufwand, um zu ihrem Arbeitsplatz zu kommen. Das ist nicht nur für den Arbeitsalltag von Claudia Daiber spürbar.

Für Pendler mit dem Rad

Touren
Wegen der Streckensperrung der Deutschen Bahn zwischen Waiblingen und Bad Cannstatt hat der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) Routenempfehlungen für Radler erarbeitet. Bis 26. Mai gibt es Montag bis Freitag zu Stoßzeiten geführte Touren von Waiblingen (6.30 Uhr, 7 Uhr, 7.30 Uhr, 8 Uhr, Treffpunkt ist am Hintereingang des Park-and-Ride-Parkhauses, Innerer Weidach)über Fellbach (6.40 Uhr, 7.10 Uhr, 7.40 Uhr, 8.10 Uhr, Treffpunkt: ADFC-Reparatursäule an der Theodor-Heuss-Straße/Stuttgarter Straße) über Bad Cannstatt Bahnhof zu den Mineralbädern/Schlossgarten nach Stuttgart, um 17 und 18 Uhr zurück.

Rad-Check
Die Initiative Radkultur bietet am 20. Mai kostenlose Rad-Checks in Waiblingen am Alten Postplatz und in Fellbach beim F3-Bad von 10 bis 16 Uhr. Infos gibt es auch unter www.radkultur-bw.de .

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