Der Biologe Michael Köck macht sich in Mexiko stark dafür, verschwundenen Fischarten wieder eine Heimat zu geben. Warum die Wilhelma ihn unterstützt.

Lokales: Iris Frey (if)

Wer den studierten Biologen Michael Köck trifft, dem wird spätestens beim Besuch im Aquarium der Wilhelma schnell klar, wie sehr sein Herz für die Welt der Fische schlägt. Ihm haben es besonders die Hochlandkärpflinge angetan, die in Mexiko leben. Das sind Süßwasserfische, die auch in der Wilhelma in Stuttgart zu finden sind. Doch diese Fische sind in ihrer Art bedroht. Deshalb hat der gebürtige Wiener 2023 das Projekt „Plan G“ ins Leben gerufen, um in Mexiko alle Hochlandkärpflinge in ihrer Art zu erhalten und den Lebensraum zu sichern. „Es gibt 39 beschriebene Arten, ein paar weitere Arten sind noch nicht beschrieben“, sagt er.

 
Stefanie Reska (links), Leiterin der Stabsstelle Artenschutz, und Michael Köck vor dem Aquarium in der Wilhelma. Foto: Iris Frey

Der Artenschützer ist im Haus des Meeres in Wien als „Freshwater Conservation Manager“ beschäftigt. Die Einrichtung ist auch Schirmherr für das Projekt „Plan G“. Derzeit fördern zwölf Zoos die Initiative. „Die Wilhelma ist Spitzenreiter“, sagt Köck. „Der Stuttgarter Zoo hatte bereits das Vorläuferprojekt, die Wiederansiedlung des Tequilakärpflings, seit 2019 mit 28.000 Euro gefördert“, sagt Stefanie Reska, Leiterin der Stabsstelle Artenschutz in der Wilhelma. Für die Wiederansiedelung weiterer vier Arten, darunter die „Goldene Skiffia“, hat der Zoo eine Förderzusage für drei Jahre von insgesamt weiteren 120.000 Euro gegeben. Die Gelder stammen vom Artenschutz-Euro, den die Besucher beim Eintritt freiwillig bezahlen.

Die Hochlandkärpflinge leben in Zentralmexiko. Köck ist so begeistert von ihnen, weil sie „die menschenähnlichsten Fische sind“, die es gebe. Das macht er an der Fortpflanzung fest: Das Weibchen trägt nach der Paarung die Jungtiere zwei Monate lang aus, versorgt sie in der Zeit mit allen Nährstoffen über Nährschnüre. Dann bekommt das schwangere Weibchen Wehen. „Man sieht die Kontraktionen“, sagt Köck. Dann schlüpfen zwei bis 120 voll entwickelte Jungfische. Sie werden etwa zwei Jahre alt, manche Arten in der Aquaristik sogar etwa acht bis neun Jahre. Nach drei bis vier Monaten seien die Tiere fortpflanzungsfähig. Viele Arten hätten nur ein bis zweimal Junge im Jahr. Meistens zwischen März und Mai und im Herbst. Gebalzt wird, wenn es noch kalt ist, geboren dann in der Regenzeit ab Mai.

Wodurch die Fische in Mexiko bedroht sind

In ihrer Heimat in Mexiko seien die Fische in ihrer Art durch die Landwirtschaft bedroht, das Angebot freier Herbizide durch Gemeinden, den Einsatz von Düngemitteln und den hohen Wasserverbrauch durch die Industrie oder durch mangelhaft ausgebaute Kläranlagen, die nicht in Betrieb gehen, „weil die Gemeinden es sich nicht leisten können“, so Köck. Sein Plan für ein Projekt Mexikos: Wasser durch Überschwemmungsgebiete zu leiten und Pflanzen, die es reinigen und Schnittblumen zu pflanzen, um Frauen Arbeitsplätze zu verschaffen.

Regierung des Bundesstaats unterstützt den Plan G

„Die Regierung des Bundesstaats möchte den Plan G unterstützen“, äußert er sich. Auch der Bürgermeister und die Gemeinde. Die Wilhelma fördert zwei Projekte, eins in Jalisco im westlichen Mexiko. Dort seien vier größere Lagunen und kleinere Wasserflächen am Austrocknen durch den exzessiven Wasserverbrauch der Landwirtschaft. Der Grundwasserspiegel habe sich abgesenkt durch den Anbau von Avocados. Dafür seien Wälder niedergebrannt worden, um die hohe Nachfrage nach dem Gemüse zu befriedigen.

Dort sei der Hochlandkärpfling „Goldene Skiffia“ nicht mehr vorhanden. Sie werden nun in großen Kunstteichen vor Ort nachgezüchtet und dann in Gebiete ausgesetzt, in denen es permanent Wasser und keine Landwirtschaft gebe, um sie wieder anzusiedeln.

Das zweite Förderprojekt der Wilhelma befindet sich in Guadalajara, einer Großstadtmetropole mit rund 5,5 Millionen Einwohnern. Dort gab es früher Hochlandkärpflinge. Sie sollen wieder zurückgebracht werden in einen großen natürlichen Wald, der an einen Nationalpark angrenzt. Dort sollen sie in Quellen eingesetzt werden. Über Tafeln werde die Bevölkerung in der Freizeitzone informiert, welche Fischarten hier angesiedelt werden sollen. Zuerst werden die exotischen Fische aus dem Bereich entfernt. „Das ist nächstes Jahr erledigt“, so Köck. Die Umsetzung des Projektes soll maximal drei Jahre dauern.

Zuerst werden exotische Fischarten entfernt

Einsatz von Freiwilligen in Mexiko, die Wasserhyazinthen entfernen. Foto: Guardianes del Rio

Plan G beinhaltet nicht nur Lebensräume zu sichern, sondern auch die Bevölkerung mit einzubinden. So gebe es beispielsweise ehrenamtliche Flusswächter, die helfen, Flüsse von Müll zu säubern und sie von Schwimmpflanzen wie Wasserhyazinthen und Wassersalat zu befreien, die die Oberfläche dicht machen und den Gasaustausch stören.

Köck war schon 2019 beim Projekt mit den Tequilakärpflingen mit eingebunden. Momentan hat er einen Kooperationsvertrag mit der Universität Morelia im zentralen Hochtal von Mexiko im Bundesstaat Michoacán. Dort helfen ihm Studenten und Professoren im Team auch bei der Nachzucht der Fische und es gibt es ein Labor für aquatische Biologie, welches sich seit 1999 mit Artenschutz und Hochlandkärpflingen befasst. Die Projekte sind Teil des Plans G, der zusammen mit anderen Gruppierungen wie der Weltnaturschutzorganisation IUCN (International Union for Conservation of Nature) „Reverse the Red“. Sie strebt an, den Bedrohungsstatus von Tieren und Pflanzen wieder in den grünen, den nicht gefährdeten Bereich zu bekommen. Die Wilhelma hat, so Reska, zusammen mit Köck eine Absichtserklärung abgegeben, das Schutzprojekt so lange zu unterstützen, bis die Rückstufung auf der Roten Liste erfolgt ist. Die Wilhelma ist seit 2022 Mitglied in der IUCN und setzt sich für den globalen Artenschutz ein. Bei der Wiederansiedlung des Tequilakärpflings hat es geklappt. Beim Plan G soll in drei Jahren von zwölf Arten der Bedrohungsstatus verbessert werden.

Michael Köck ist am Artenschutztag in der Wilhelma

Beim Artenschutztag der Wilhelma ist Michael Köck am 21. September im Stuttgarter Zoo vor Ort und beantwortet am Stand im Aquarium bei den Hochlandkärpflingen von 11 bis17 Uhr Fragen Interessierter.