Vom Bewässerungssack bis zur Beetpatenschaft Städte kommen mit dem Gießen kaum hinterher

Die Stadt Rutesheim verfügt über zwölf Wassercontainer, mit denen städtische Bäume abwechselnd gegossen werden können. Foto: Jürgen Bach

Die Trockenheit macht städtischen Grünflächen zu schaffen. Manche Kommunen bitten die Bürger um Unterstützung.

Die Natur leidet zusehends unter der großen Hitze und Trockenheit, die in den vergangenen Jahren immer mehr zugenommen haben. Das betrifft selbstverständlich auch städtische Grünflächen. „Die Abteilung Tiefbau registriert immer mehr absterbende und bereits abgestorbene Bäume“, heißt es zum Beispiel von Sebastian Küster, Sprecher der Stadt Leonberg. „Auch die Totholzentwicklung nimmt deutlich zu, Bäume werfen bereits im Juli Laub ab, weil sie mit zu wenig Wasser versorgt werden.“ Im einstigen Landkreis Leonberg haben die Kommunen unterschiedliche Strategien, mit der Situation umzugehen. Auch die Bürger werden zum Teil mit ins Boot geholt – zum Beispiel mit Beetpatenschaften.

 

„Die Bäume sind geschwächt und somit anfällig für Pilze, Schädlinge und Krankheiten“, berichtet Sofia Neumann, Sprecherin der Stadt Gerlingen. Vielerorts ist man daher dazu übergegangen, falls ein Baum nicht überlebt, dass er durch einen neuen Baum einer widerstandsfähigeren Art ersetzt wird. In Weil der Stadt verfolgt man mehrere Studien zum Umgang mit Bäumen und Trockenheit. „Aktuell werden in den Baumschulen bereits mehrere Baumarten geschult, die mit der extremen Trockenheit besser zurechtkommen“, berichtet Ralf Wöschler, Leiter des Baubetriebshofs Weil der Stadt.

Jungbäume brauchen viel Aufmerksamkeit

Wie aber lässt sich das Ganze aufhalten oder zumindest eindämmen? Einfach ist das nicht, weiß Susanne Widmaier, Bürgermeisterin der Stadt Rutesheim. „Wir haben knapp 3000 Bäume zu pflegen und 600 Beete“, erzählt sie. Darauf kommen aber lediglich sieben Personen, die im Gartenbereich des Bauhofs arbeiten. „Zwei bis drei sind jeden Tag einzig und allein mit Gießen beschäftigt, auch sonntags.“ Zusätzlich verfügt die Stadt über zwölf Wassercontainer, die an immer unterschiedlichen Stellen platziert werden und tröpfchenweise Wasser an die Bäume und Beete abgeben.

Vor allem Jungbäume bedürfen besonderer Aufmerksamkeit. In Leonberg gießt eine beauftragte Firma Jungbäume im Außenbereich seit drei Jahren regelmäßig. „Wir haben bei Jungbäumen von der Schlauchbewässerung auf eine Dauerbewässerung umgestellt“, erklärt Ralf Wöschler für Weil der Stadt. Die Bäume werden mit einem „Bewässerungssack“ ausgestattet, der kontinuierlich Wasser an das Wurzelwerk abgibt. Ebenso hält es die Stadt Ditzingen. Der Vorteil der Wassersäcke ist der, dass dabei weniger Wasser verdunstet als beim Gießen.

Viele verzichten auf Leitungswasser

Die Abwägung, wie viel Wasser nötig und wie viel möglich ist, ist bei der Trinkwasserknappheit in den Sommermonaten ein großes Thema. In vielen Kommunen wird daher gar nicht erst auf Trinkwasser zurückgegriffen. „Wir sind im Stadtgebiet bei Hitze mit rund fünf Fahrzeugen täglich zur Bewässerung unterwegs“, erzählt Jens Schmukal, , Sprecher der Stadt Ditzingen. „Als Wasserquelle wird hier beinahe ausschließlich das Regenwasser aus einer Zisterne verwendet.“ Das spart nicht nur Leitungswasser. „Wir sparen auch Kosten, und das Regenwasser ist weniger kalkhaltiger und dadurch besser für die Pflanzen.“ In Rutesheim kommt das Wasser aus dem Nachklärbecken der Kläranlage. „Das ist Wasser, das sonst in den Eisengriffbach abgeleitet werden würde, also kein Trinkwasser“, erklärt Susanne Widmaier. Gerlingen verfügt laut Sofia Neumann über reichlich Quellwasser, „Frischwasser verwenden wir nur im Notfall“.

Bei der großen Anzahl an Bäumen und Beeten in jeder Stadt ist es jedoch kaum oder gar nicht möglich, alle ausreichend zu wässern. „Leider können wir Altbäume nur begrenzt mit Wasser versorgen, da wir mit unseren Kapazitäten an die Grenzen stoßen“, sagt Sophie Neumann. In manchen Kommunen werden deshalb die Bürger mit ins Boot geholt.

In Rutesheim gibts die „Beetpatenschaft“

Ein konkretes Projekt gibt es unter den befragten Kommunen aktuell nur in Rutesheim. „Wir haben unsere ,Beetpatenschaften‘ vergangenes Jahr reaktiviert“, erzählt Susanne Widmaier. Die Teilnehmer erklären sich dazu bereit, das Pflanzenbeet vor ihrem Haus mitzugießen. „Aktuell haben wir rund 30 Beetpaten und freuen uns über jeden weiteren.“ Die Verwaltung von Weil der Stadt hatte im vergangenen Jahr ihre Einwohner gebeten, die an ihr Grundstück angrenzenden städtischen Bäume zu wässern.

„Wir hatten das vor einigen Jahren auch mal ausprobiert, und es wurde in der Bevölkerung auch gut angenommen“, berichtet Jens Schmukal. Aktuell sei zwar kein neuer Aufruf geplant, „allerdings gibt es in Ditzingen Bürgerinnen und Bürger, die in Eigeninitiative städtische Bäume und Pflanzen gießen“. Die Stadtverwaltung Leonberg will die Bürger zeitnah informieren, wie sie mithelfen können, die Bäume vor Trockenheit zu schützen, berichtet Sebastian Küster, mahnt aber auch: „Wichtig ist, mit dem Trinkwasser vorsichtig und nachhaltig umzugehen.“

Auf Grünflächen zu verzichten, ist aber für niemanden eine Option, im Gegenteil. Im Projekt „Leonberg – Stadt für morgen“ ist die Entsiegelung von Asphalt und die Erstellung von Grünflächen ein wesentlicher Bestandteil. „Auch wir haben im städtischen Bereich schon einige Schotterflächen herausgerissen und durch Grünflächen und Blühwiesen ersetzt“, sagt Susanne Widmaier.

Zum Beispiel auf der Mittelinsel am Edeka-Markt oder am alten Friedhofseingang. „Ich weiß, dass manche Menschen immer noch denken, dass ein Schottergarten ganz praktisch ist.“ Doch dieser Trend, der nicht ohne Grund vielerorts verboten ist, sei sehr gefährlich, warnt die Rutesheimer Bürgermeisterin. Grünflächen mit Blumen und Büschen dienen nicht nur der Tierwelt. „Schotterflächen heizen sich zudem viel stärker auf.“

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