Eben noch Politiker, jetzt schon Lobbyist: wer aus einem Regierungsamt kommt, ist begehrt. Frühere Politiker verfügen über ein gut gepflegtes Adressbuch und wissen genau, wie der Hase läuft. Das ist manchmal ziemlich unanständig.
Berlin - Es ist eine ehrenwerte Runde, die sich da im Unternehmensbeirat des Konzerns Deloitte zusammenfindet. Eine Runde der Ehemaligen, Einstigen und Verflossenen. In dem Gremium sitzen Bayerns Ex-Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU), Ex-Kanzleramtschef Bodo Hombach (SPD), Ottmar Issing, Ex-Chefvolkswirt der Europäischen Zentralbank, Ex-Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) und Ex-Wirtschaftsstaatssekretär Rezzo Schlauch (Grüne). Einst waren sie einflussreiche Politiker, saßen an den Schalthebeln der Macht. Sie waren zum Teil politische Gegner, gönnten dem anderen keinen Stich. Nun ziehen sie an einem Strang – als Lobbyisten für ein weltweit tätiges Beratungs- und Wirtschaftsprüfungsunternehmen, eines der „Big Four“ der Branche mit einem Jahresumsatz von rund 30 Milliarden Dollar.
Als Berater von Deloitte ist die Meinung der einstigen Politiker gefragt, schließlich bringen sie zwei unbezahlbare Trümpfe mit: detaillierte Kenntnisse über interne Abläufe in politischen Prozessen und gute Kontakte zu politischen Entscheidungsträgern. Die meisten dieser „Ex“ tanzen auf mehreren Hochzeiten. Allein Rezzo Schlauch, heute Rechtsanwalt, weist auf seiner Homepage vier Aufsichtsratsposten aus sowie „diverse projektbezogene Beratungsmandate“ und die Geschäftsführung einer Firma namens „Manda-Panda“, mit der Schlauch zum Ölgroßhändler aufsteigen wollte – vergeblich. Der Lockruf des Geldes nach der Politikkarriere wird parteiübergreifend vernommen. Und per se ist der Wechsel in die Wirtschaft auch nicht zu kritisieren. Problematisch wird es nur, wenn der neue Job dorthin führt, wo man zuvor noch als Politiker an Gesetzen mitgearbeitet hat. Besondere Dreistigkeit legte in dieser Hinsicht Ex-Kanzler Gerhard Schröder an den Tag, der ohne Umweg ins Gasgeschäft wechselte, das der Sozialdemokrat noch mit Russlands Präsident Putin angeschoben hatte.
Der Lockruf des Geldes
Einer, der das mit den schärfsten Worten kritisiert hatte, war Ronald Pofalla, damals CDU-Generalsekretär. Schröder, so zürnte Pofalla im Dezember 2005, kassiere von denen, die von seinem Einsatz profitiert hätten. Pofalla forderte eine rechtliche Regelung, damit sich Politiker für die Zeit nach dem Ausscheiden aus dem Amt „geschäftliche Rücksicht“ auferlegten. Auch Karenzzeiten, also eine Art „Abkühlphase“, hielt Pofalla für denkbar.