In unserer Serie über Produkte aus dem Stuttgarter Norden, die weltweit exportiert werden, geht es heute um den Porsche 911.

Zuffenhausen - Mathematisch gesehen sind es nur drei Ziffern. Emotional sieht die Sache jedoch ganz anders aus: Wenn Autofreunde an die Zahl 911 denken, dann schlagen ihre Herzen höher. 1963 lief im Zuffenhäuser Werk 1 der erste Porsche 911 vom Band, mittlerweile wurden mehr als 800 000 Exemplare produziert.

 

Eigentlich hätte der Neunelfer ein Neuneinser werden sollen: Als der Wagen 1963 auf der internationalen Automobilausstellung in Frankfurt vorgestellt worden war, hieß er noch 901. Aufgrund namensrechtlicher Forderungen von Peugeot wurde die Null durch eine Eins ersetzt, sodass das Fahrzeug im Jahr 1964 als Porsche 911 auf den Markt kam. Seine Ursprünge gehen zurück auf den VW Käfer, den Ferdinand Porsche in den 1930er Jahren konstruiert hatte. Auf den Käfer folgte dann nach dem Zweiten Weltkrieg der Porsche 356, der wiederum der Vorgänger des 901 beziehungsweise des 911 gewesen ist. Alle drei haben eine wichtige Gemeinsamkeit: den im Heck eingebauten Boxermotor. Dieses Konzept hat sich bis heute nicht verändert. Lediglich die Luftkühlung des Motors wurde 1996 durch eine Wasserkühlung ersetzt. Dass der Benzinmotor eines Tages von einem Diesel abgelöst wird, ist für Michael Schätzle, Projektleiter Gesamtfahrzeuge der Baureihe 911, ausgeschlossen. „Eher wird es einen Elektroantrieb geben“, sagt der Diplom-Ingenieur. Ein Diesel, so Schätzle, passe einfach nicht zum Charakter des Sportwagens und würde von der Kundschaft folglich auch nicht akzeptiert. „Zehn Prozent der Kunden sind regelmäßig auf Rennstrecken unterwegs“, weiß Schätzle. Schließlich sei die hervorragende Fahrdynamik, die auf dem Konzept Heckmotor und Hinterradantrieb fuße, einer der Hauptgründe des Erfolgs.

Der Neunelfer ist kein Showstar

Der weltweit meistverkaufte Sportwagen

Dass der Neunelfer zum weltweit meistverkauften Sportwagen geworden ist, hat für Schätzle auch noch einen anderen Grund: „Das Auto wird vom sozialen Umfeld akzeptiert.“ Der Wagen sei kein Showstar, er bringe lediglich das mit, was man als sportlicher Fahrer brauche. Zudem biete er, im Gegensatz zu nahezu allen seinen Konkurrenten, zwei plus zwei Sitze. Hinten, das erzählt Michael Schätzle aus eigener Erfahrung, könnten Personen bis 1,60 Meter Körpergröße bequem sitzen. Erst vor kurzem habe er mit seiner Frau und seinen beiden Kindern einen Skiausflug gemacht, alle wichtigen Utensilien hätten dabei gut verstaut werden können. Auch die Wintertauglichkeit des Wagens sei hoch. War der Neunelfer früher als Heckschleuder verschrien, so wird seit 1993 die so genannte Weissach-Hinterachse eingebaut, die dem Wagen eine weitaus bessere Traktion bei Regen und Schnee verleiht.

Mittlerweile rollt die siebte Generation des Porsche 911 vom Band, werksintern wird sie 991 genannt. Ein Modellzyklus dauert normalerweise sieben Jahre. Seit Beginn der Produktion wird der Wagen ausschließlich in Zuffenhausen gebaut. Nur für kurze Zeit waren Karosserien bei Karmann in Osnabrück gefertigt worden. Rund 33 Stunden dauert es, bis ein Neunelfer fertig ist. 3240 Arbeiter und 957 Angestellte sind an der Produktion beteiligt. Kein einziges der 6000 bis 7000 Bauteile ist identisch mit einem Teil aus dem Jahr 1963, lediglich das Deckelwappen ist ähnlich geblieben. Mehr als 150 Neunelfer laufen jeden Tag von den Zuffenhäuser Bändern. Von dort aus geht es dann in die ganze Welt. Vier von fünf Fahrzeugen werden exportiert, momentan gibt es 125 offizielle Importländer. Ganz oben stehen dabei die USA, innerhalb der Vereinigten Staaten werden die meisten Neunelfer in Kalifornien verkauft. Weltweit zweitgrößter Markt ist Deutschland, auf Rang drei folgt Großbritannien.

Viele Promis fahren 911

Viele Promis fahren Porsche

Egal, wo man mit einem Porsche 911 unterwegs ist, die Chance, prominente Kollegen zu treffen, ist groß. David Beckham, Tom Cruise und Bill Gates gehören ebenso zu den Besitzern wie Ralph Lauren oder Schauspieler Jerry Seinfeld, der weltweit eine der größten 911er Sammlungen hat. Und auch im Auto des berühmten Dirigenten Herbert von Karajan gab zu dessen Lebzeiten ein Boxermotor den Takt an. In dieser Promi-Aufzählung ist übrigens keine Frau dabei. Das verwundert nicht, wenn man weiß, dass rein statistisch gesehen neun von zehn Käufern Vertreter des starken Geschlechts sind. Die Dame von Welt, so darf wohl vermutet werden, bekommt einen Neunelfer eher geschenkt als dass sie sich selbst einen kauft.

Wer gerne zum erlauchten Kreis der Neunelfer-Fahrer gehören möchte, muss dafür ziemlich genau 88 000 Euro locker machen. So viel kostet der 911 Carrera Basis. Nach oben sind so gut wie keine Grenzen gesetzt, Sonderwünsche treiben den Preis locker in sechsstellige Dimensionen. Auch wem der Sinn nach Dingen steht, die sich nicht auf der offiziellen Ausstattungsliste finden, wird bedient. Der Fantasie sind dabei so gut wie keine Grenzen gesetzt. So kann sich Holger Eckhardt, Leiter Produktpresse/Sportwagen, noch gut an einen Kunden aus dem arabischen Raum erinnern. Bis auf die Reifen und den Motor durfte dessen gelber Porsche keinerlei Schwarz am gesamten Fahrzeug haben. Für derartige Anfragen und deren Realisierung ist die Abteilung „Porsche Exclusive“ verantwortlich. „Sonderwünsche müssen umsetzbar sein und dürfen die Fahrsicherheit nicht beeinträchtigen“, beschreibt Michael Schätzle die Politik des Hauses.

70 Prozent aller jemals verkauften Neunelfer, das hat man bei Porsche eruiert, fahren noch. Für alle gibt es noch Ersatzteile. Zur Verfügung gestellt werden sie von Porsche Classic, wo 31 000 Teile bereitgehalten werden. Dass die Tage der fahrenden Legende einmal gezählt sein könnten, davon geht Michael Schätzle nicht aus: „Der Wagen soll in dieser Form so lange wie möglich weitergebaut werden.“