Daimler konzentriert seine in Berlin ansässige Sparte Finanzdienstleistungen in Stuttgart, wo bereits die Mercedes-Benz Bank ihren Sitz hat.

Berlin/Stuttgart - Der Daimler-Konzern konzentriert seine in Berlin ansässige Sparte Finanzdienstleistungen in Stuttgart, wo bereits die Mercedes-Benz Bank ihren Sitz hat. Klaus Entenmann, Vorstandschef von Daimler Financial Services, begründet das so: "Die Nähe zur Konzernzentrale und den Fahrzeugsparten von Daimler bringt Daimler Financial Services wichtige strategische Vorteile." Mittelfristig rechnet er mit Kostensenkungen in der Größenordnung von 50 Millionen Euro. Ein großer Teil davon wird auf Personalkosten entfallen, denn Daimler plant im Zusammenhang mit der Neuausrichtung einen Personalabbau sowie möglicherweise eine massive Verschlechterung bei der Bezahlung.

Nach Einschätzung der Arbeitnehmervertretung wird der Standort Stuttgart personell nicht von der Neuordnung profitieren, da in einem zweiten Schritt wieder Aktivitäten anderswohin ausgelagert werden. Die Belegschaft der Zentrale der Mercedes-Benz Bank am Pragsattel werde drastisch verkleinert, heißt es.

"Das könnte einen Abbau des Personals um 40 Prozent bedeuten", befürchtet die Betriebsrätin Brigitte Sedler, die auch stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende von Daimler Financial Services ist: "Das wäre ein beschäftigungspolitischer Kahlschlag." Daimler geht davon aus, dass es in Stuttgart nach der Neuordnung noch 700 Beschäftigte in der Bank und bei Financial Services geben wird; gegenwärtig sind es schätzungsweise 960 Männer und Frauen.

Nach Angaben des Konzerns werden gegenwärtig bundesweit in der Bank 1330 Mitarbeiter und in der Sparte Finanzdienstleistungen 520 Männer und Frauen beschäftigt. Bei den insgesamt 1850 Jobs handelt es sich um Beschäftigung, die in Vollzeitstellen umgerechnet ist; die Anzahl der Mitarbeiter ist aufgrund von Teilzeitbeschäftigung höher. Durch die Bündelung von Aktivitäten an weniger Standorten soll die Zahl der Beschäftigten um insgesamt 250 auf dann noch 1600 sinken.

Arbeitnehmervertretung fordert Ausschluss von Entlassungen


Insgesamt verlieren aber mehr Beschäftigte ihren Arbeitsplatz, da Neueinstellungen an anderen Standorten gegengerechnet werden. Der Konzern versichert, dass allen Mitarbeitern, die von der Neuausrichtung betroffen sind, faire Lösungen angeboten werden. Dazu, so heißt es, würden Gespräche mit dem Betriebsrat aufgenommen.

Der Konzernbetriebsrat wendet sich allerdings gegen die Pläne, die nach seinen Berechnungen dazu führen, dass nicht nur 250 Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz verlieren, sondern insgesamt 1500 Menschen an einen anderen Standort umziehen beziehungsweise eine andere Tätigkeit übernehmen müssen. Der Betriebsrat verweist darauf, dass bei den Töchtern Bank und Financial Services betriebsbedingte Kündigungen nicht per Betriebsvereinbarung ausgeschlossen sind. Deshalb fordert die Arbeitnehmervertretung nun diesen Ausschluss von Entlassungen.

Nach den Plänen von Daimler soll die Zentrale der Sparte Finanzdienstleistungen bis Ende 2012 von Berlin nach Stuttgart umziehen. Dies betrifft in der Bundeshauptstadt 350 Menschen. Die Zentrale ist bisher am Potsdamer Platz angesiedelt; der Mietvertrag läuft Ende 2012 aus. Wie zu hören ist, geht die Hälfte der Mitarbeiter in Berlin davon aus, das Unternehmen verlassen zu müssen - weil keine Stelle in Stuttgart angeboten wird oder ein Umzug nicht in Frage kommt.

Konzerleitung wird aufgefordert, für eine Tarifbindung zu sorgen


Sowohl die Bank als auch die Finanzdienstleistungssparte wollen bis Ende 2012 jeweils sogenannte Servicecenter für einfachere Tätigkeiten einrichten. Im Center der Bank sollen zum Beispiel Funktionen für das automobile Finanzierungsgeschäft zusammengeführt werden; sie sind derzeit noch in acht Geschäftsstellen und in der Stuttgarter Zentrale angesiedelt. Als Standort für die neue Einheit wird der Großraum Berlin genannt. Dort soll auch das neue Servicecenter der Finanzdienstleister angesiedelt werden. In Saarbrücken besteht bereits eine Serviceeinheit mit 250 Arbeitsplätzen.

Der Daimler-Konzernbetriebsrat befürchtet, dass die Servicecenter nicht der Tarifbindung unterliegen sollen. In einer Erklärung wird die Konzernleitung aufgefordert, für eine Tarifbindung so sorgen. Wie andernfalls Billigarbeitsplätze aussehen könnten, sagt ein Berliner Betriebsrat: "In Brandenburg liegt die Arbeitslosenquote bei 15 Prozent; da können sogar ausgebildete Bankkaufleute für nur 1500 Euro brutto im Monat eingestellt werden."