Einen Blick in Millionen Lichtjahre entfernte Galaxien und virtuelle Sternenwelten erleben: Ein Astrophysiker und ein Medienproducer erschließen in der experimenta alt und jung die Welt des Weltalls

Heilbronn - Die zwei Kuppeln sind schon von weitem zu sehen und charakteristisch für das neue Gebäude der Experimenta in Heilbronn: Unter beiden kann man dem Himmel so nahe kommen wie selten sonst: in der Sternwarte in mehr als dreißig Metern Höhe, und unterhaltsam-informativ unter der des Science Domes. Möglich wird das in der Sternwarte dank sechs verschiedener Teleskope von höchstem Standard, der Science Dome bietet die virtuelle Bühne. Im Planetarium all kommt man am helllichten Tage der Sonne so nahe, dass man in allen Details sehen kann, wie es hier brodelt und explodiert, Masse ins Weltall geschleudert wird und begreift, woher lebensnotwendige Wärme und Licht herkommen und blickt dann, bei Nacht, nicht nur tief in die, sondern auch in die entferntesten Galaxien, Millionen von Lichtjahre entfernt. Shows im Science Dome untermalen den Blick ins All informativ und unterhaltsam. Überall haben sich Planetarien in den letzten Jahren immer mehr dem Publikum geöffnet, die Experimenta legt dazu Maßstäbe vor, die ziemlich einzigartig sein dürften.

 

Hohe Erwartungen an Projekt

Dafür stehen vor allem zwei Namen: der Astrophysiker und Abteilungsleiter Science Dome & Sternwarte Kai Noeske (46) sowie der Diplom-Multimedia-Producer und Bereichsleitung Technik & Science Dome Kenan Bromann (41). Sie sind seit mehr als zwei Jahren damit beschäftigt, sich auszudenken und vorzubereiten, wie man diese beiden so speziellen und mit hohen Erwartungen verbundenen Orte bespielen wird, Ende März 2019 sollen sie eröffnen.

Obwohl Noeske und Bromann einen ganz unterschiedlichen Werdegang haben, gemeinsam ist ihnen die Faszination Weltall seit Kindertagen. Kai Noeske wollte den Sternen auch physisch näher kommen, unter 9000 Astronauten-Anwärter schaffte er es unter die letzten zwei Prozent. Jetzt bewegt er sich eben in den Weiten des Weltalls von der Erde aus. Angefangen hat er an der Universitätssternwarte in Göttingen, war Mitarbeiter der Europäische Raumfahrtagentur ESA, wissenschaftlich tätig am Hubble-Weltraumteleskop im Space Telescope Science Institute, Baltimore, danach am Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics in Cambridge (USA), dank eines Forschungsstipendium der University of California, Santa Cruz, USA war er involviert in Großprojekten zu Kosmologie und Entstehung der Galaxien.

Urfragen der Menschheit werden berührt

Grundidee der Experimenta ist „lebenslanges Lernen“. Auch der Lernweg von Kenan Bromann steht dafür. Direkt vom Planetarium Hamburg, für dessen technischen Betrieb er verantwortlich war und wo er die Produktionsabteilung für die Erstellung von populärwissenschaftlichen „Fulldome-Shows“ leitete, kam er schon 2016 nach Heilbronn. Studiert hat er „Multimedia Production“ an der Hochhochschule Kiel. Dabei war er stets zweigleisig unterwegs, als Schüler wie auch Student immer irgendwie tätig in den Planetarien Norddeutschlands. Man bewege sich neben dem interdisziplinären Zusammenspiel der Wissenschaften bis hin zur Musik auch in Sphären, „die an die Urfragen der Menschheit rühren“, sagt Bromann. Auch „Wow-Effekte“ seien zu erwarten, etwa wenn auf der 700 Quadratmeter großen Kuppelscreen Bilder erzeugt würden.

Fakten zum Science Center

Der Science Dome

Über dem Science Dome wölbt sich eine Projektionskuppel mit 21,50 Meter Durchmesser. Die 700 Quadratmeter große Projektionsfläche wird mit 3D-Laser-Kinoprojektoren bespielt. Es gibt eine 80 Quadratmeter große Bühne. Das Auditorium zählt 150 Sitzplätzen und ist um 180 Grad drehbar, die Drehung funktioniert innerhalb von 70 Sekunden. Zur Ausstattung gehören unter anderem ein 3D-Audiosystem, eine Show-Laseranlage, ein Wasservorhang auf der Bühne zur Auf- und Rückprojektion mittels Showlaser und Videoprojektoren, ein Planetariumsprojektor zur detailgetreuen Herstellung des Sternenhimmels in der Kuppel.

Das Planetarium

Planetarium
Unter der fünf Tonnen schweren Kuppel der Sternwarte werden zwei große Teleskope montiert, ein Spiegelteleskop mit 50 Zentimeter Durchmesser und einer Brennweite von 3500 Millimeter – damit können mit Hilfe einer hochempfindlichen Kamera und speziellen Filtern besonders kontrastreiche Fotos von Himmelsobjekten erstellt werden. Das zweite ist ein Linsenteleskop mit 25 Zentimeter Durchmesser und 2200 Millimeter Brennweite und hat eine extrem hohe Farbreinheit. Ein robotisches Sonnenteleskop wurde speziell für die Experimenta entwickelt, es streamt durchgängig Live-Bilder der Sonne ins hauseigene Netzwerk, die auf Displays in dem Gebäude zu sehen sind.