Die Digitalisierung treibt auch in der deutschen Sprache Blüten. Neue Anglizismen beschreiben, welche Art von Beziehungen wir haben – und wie wir sie beenden.

Mannheim - „Parshippen“ ist der Inbegriff der modernen Form der Partnersuche geworden. Nicht nur in der Werbung für die Dating-App Parship, sondern auch in ganz normalen Texten tritt das Verb jetzt in Erscheinung. Die vom englischen Nomen „parship“ (Partnerschaft) abgeleitete Kreation ist mittlerweile so gebräuchlich, dass es das Mannheimer Leibniz-Institut für deutsche Sprache (IDS) in seinen Katalog der neuen Wörter aufnimmt. „Im Dezember schalten wir das Wort in unserem Online-Neologismen-Wörterbuch frei“, erläutert IDS-Lexikografin Annette Klosa-Kückelhaus. Im Englischen selbst existiert die Verbform - also „to parship“ - nicht.

 

Gleichzeitig wird auch das „ghosting“ aufgenommen - eine wirklich miese Masche: Nach dem oder den ersten Treffen verschwindet einer der vermeintlichen Partner sang- und klanglos - meist nach einem sexuellen Kontakt. Auf allen Kanälen - sei es Facebook, Whatsapp oder Handy - wird der Verlassene abgeschnitten, der wohl nicht selten den Eindruck gewinnt, es mit einem Geist zu tun gehabt zu haben.

Experten durchforsten 43 Milliarden Wörter

Kriterien für die Aufnahme in das Neologismen-Wörterbuch des IDS ist die Gebrauchshäufigkeit in Tageszeitungen, Magazinen, Blogs sowie im Rundfunk. Eigene Hör- und Leseerfahrungen kommen aus dem Wörterbuchteam hinzu. Die Experten durchflöhen per Spezialsoftware 43 Milliarden Wörter, die das IDS gesammelt hat. „Wir haben das Ohr direkt an der Gesellschaft und erforschen, wie sich deren Entwicklung sprachlich niederschlägt“, sagt IDS-Chef Henning Lobin.

Schon eifrig genutzt, aber noch nicht im Wörterbuch ist der „wingman“, der seine Freundin oder seinen Freund beim Flirten unterstützen soll, und die „Friendzone“, in der eine Person in einer bislang platonischen Beziehung sexuelles Interesse entwickelt, also die Zone der reinen Freundschaft verlassen will; eine durchaus als negativ empfundene Gefühlsveränderung, wenn sie einseitig bleibt. „Die beiden Begriffe stehen quasi unter Beobachtung“, sagt Klosa-Kückelhaus.

Noch nicht reif für das Online-Wörterbuch ist das virtuelle „lovebombing“, der Dauerbeschuss mit Herzchen, Whatsapps, Mails dessen, den man im Auge hat. Ebenso wenig wünschenswert ist das „benching“: Da wird jemand auf die Wartebank (bench) gesetzt und mit kleinen Aufmerksamkeiten - ebenfalls mit Herzchen oder Emojis - auf Sparflamme gehalten. „Eine ziemlich brutale Methode, Menschen im Ungewissen zu lassen“, sagt die promovierte Germanistin, die das Wort erstmals aus dem Mund ihrer 20-jährigen Tochter hörte.

In den Nuller-Jahren ging es um „Verpartnerung“

Die chronologische Aufstellung der Neologismen, die mit Partnersuche und Beziehungen zu tun haben, zeigen eine Entwicklung zu immer mehr Unverbindlichkeit - dabei unterstützt von den neuen digitalen Möglichkeiten, die aus den USA kommen und so auch die vielen dem Englischen entlehnten Wörter erklären. In den 90er Jahren fanden die „eingetragene Lebenspartnerschaft“ und der „Lebensabschnittsgefährte“ Eingang in die Sammlung der Neologismen. In den Nuller-Jahren ging es um „Verpartnerung“, aber auch um die wechselhaften „On-off-Beziehungen“.

In den Zehnerjahren gab es zwar die „Ehe für alle“, aber auch das „tindern“, die Partnersuche mit der Dating-App Tinder, bei der potenzielle Partner mit der Hand einfach weggewischt werden können. Ein eher traurige Erscheinung ist auch der „Mingle“, der nur lose Beziehungen sucht, ohne etwa gemeinsamen Hausstand anzustreben. Der Begriff geht zurück auf das englische Verb „to mingle“ (mischen) und hat einen ironischen Unterton. „Denn der Mingle will sich ja gerade nicht mit irgendjemandem vermischen“, interpretiert die Sprachwissenschaftlerin. Vom „Mingle“ getrennt durch nur einen Buchstaben ist dann auch der altbekannte Single.

Eines der wenigen deutschen Wortbildungen im Bereich der Beziehungen ist wieder verschwunden, nicht nur aus dem Sprachgebrauch, sondern auch aus der Neue-Wörter-Sammlung des IDS: das „Gruscheln„, das Grüßen und Kuscheln, auf der Plattform studiVZ für Studierende. Im Jahr 2008 wurde das Wortgebilde in den IDS-Kanon aufgenommen. Mit dem Untergang von studiVZ hatte es sich 2013 schon wieder ausgegruschelt.