Die Firma Ceramtec stellt Anlaufspuren für Sprungschanzen her. Demnächst donnern auf ihnen auch die Skispringer der Olympischen Winterspiele zu Tal.

Böblingen : Ulrich Stolte (uls)

Plochingen - Eine halbe Stunde vor der olympischen Eröffnungsfeier saß Eduard Kropp im Restaurant im südkoreanischen Pyeongchang und sah sich die Show im Fernsehen an. Denn für den Produktionsleiter der Firma Ceramtec war die Arbeit getan. Die Sprungschanzen, für die die Firma aus Plochingen die Anlaufspuren fertigte, funktionierten einwandfrei. Auf diesen Spuren rasen die Olympioniken zu Tal, um ihre gewaltigen Sätze zu machen.

 

Keramik auf einer Sprungschanze? „Wir stellen eine Keramik her, die die gleichen Gleiteigenschaften hat wie Eis“, berichtet Eduard Kropp am Telefon. Doch die kronkorkengroßen Keramik-Noppen, von denen pro Schanze 7000 bis 9000 Stück verbaut werden, sind nur ein Teil der Technik, die Ceramtec liefert. Das komplette System besteht aus Fahrspuren aus Kautschuk, in die jene 9000 Noppen eingelassen sind. Darunter sind Kupferrohre verlegt, die die Anlaufspur kühlen.

Keramik hat kaum Abrieb

Durch diese Kühlung schlägt sich Luftfeuchtigkeit auf der Spur nieder, weswegen die Skispringer auf Eis fahren können, selbst wenn die Temperaturen bei 15 Grad plus liegen. Im Sommer, wenn es deutlich wärmer ist, wird die Kühlung abgeschaltet und die Springer donnern nur auf den Keramik-Noppen über die Schanze. Wegen der gleichen Gleiteigenschaften müssen sich die Sportler nicht umstellen und springen im Sommer genauso gut wie im Winter.

Dabei spielt das Material Keramik seine Vorteile voll aus. Es verändert sich nicht durch Wärme wie Metall und hat praktisch keinen Abrieb wie Kunststoff. Ceramtec hat die Herstellung sogar soweit im Griff, dass die kleinen Keramik-Noppen bereits fertig aus dem Brennofen kommen und nicht nachbearbeitet werden müssen.

Das Unternehmen sei vor allem für technische und medizinische Bauteile bekannt, sagt der Ceramtec-Pressesprecher Jörg Kochendörfer. Lager, Hüftgelenke, Messer, Führungen, das sei das Hauptgeschäft des weltweit 3200 Mitarbeiter umfassenden Unternehmens. Dass es unter der Marke Aloslide auch für den Sport Bauteile liefere, habe damit zu tun, dass die Geschäftsführung Kontakte zum Deutschen Skiverband habe.

Seit 2003 stellt Ceramtec Anlaufspuren her, seit 2008 wurde auch die Kühlung ins System eingebaut. Zweimal bereits war die Technik von Ceramtec bei Olympischen Winterspielen im Einsatz: 2006 in Turin und 2014 im russischen Sotschi. Etwa ein halbes Jahr benötigt die Firma, um die Komponenten herzustellen, acht Wochen braucht der Frachter, um nach Korea zu fahren, etwa drei Wochen dauert es, bis die Spuren montiert sind.

Die Reise war bitter nötig

Eduard Kropp hat es sich nicht nehmen lassen, zur Eröffnung der Spiele noch einmal nach Südkorea zu fliegen, Visa mussten besorgt werden, Genehmigungen wurden gebraucht. Dennoch war die Reise bitter nötig gewesen. Als Kropp ankam, stellte er fest, dass inzwischen ein Arbeiter ein Kühlrohr angebohrt hatte und das Kühlmittel ausgetreten war. Einen Ersatzstoff gab es vor Ort nicht zu kaufen.

Doch der findige Techniker wusste sich zu helfen, zusammen mit dem Kühlmittel aus den anderen Schanzen schaffte er es, die Kühlung wieder in Schwung zu kriegen, rechtzeitig bevor die Springer abheben, um für die Medaillen zu kämpfen.