Vor 60 Jahren wurde der Fernsehturm offiziell eröffnet: Heute lieben die Stuttgarter ihren Fernsehturm – aber das war nicht immer so. Wir blicken zurück auf die Geschichte des Wahrzeichens.

Digital Desk: Anja Treiber (atr)

Stuttgart - Herzlichen Glückwunsch, Fernsehturm: Vor genau 60 Jahren ist das Wahrzeichen der Landeshauptstadt eröffnet worden. Mit seiner Entscheidung, den Fernsehturm aus Brandschutzgründen zu schließen, hat der Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) Stuttgart im Februar 2013 in Aufruhr versetzt - ist der Turm doch ein beliebtes Ausflugsziel für Touristen wie Einheimische und ein Wahrzeichen der Stadt. Am 30. Januar 2016 wurde der Turm nun wieder eröffnet.

 

Heute lieben viele Stuttgarter ihren Fernsehturm – aber das war nicht immer so. „Schandmal“, „Fremdkörper in schöner Waldlandschaft“ oder „lange Bohnenstange mit aufgespießtem Bienenkorb“ – so zitieren Geschichtsbücher die zeitgenössische Meinung der Stuttgarter über den heutigen Publikumsmagneten.

Die rot-weiße Signalfarbe konnte verhindert werden

Ursprünglich plante der damalige Süddeutsche Rundfunk (heute SWR) auf dem Hohen Bopser einen schlichten, allein als Sendemast gedachten 200 Meter hohen Stahlgitter-Mast. Er sollte den etwa 1330 Stuttgarter Fernsehgeräten im Jahr 1954 zuverlässigen Empfang sichern. Als der renommierte Ingenieur Fritz Leonhardt von dieser Idee erfuhr, schaltete er sich ein. Er hatte die Vision, den rein zweckgebundenen Sendemast mit einer Aussichtsplattform und einem Restaurant zu kombinieren.

Der Stuttgarter Fernsehturm, sollte der erste seiner Art werden, der aus Stahlbeton gebaut wurde. Verhindert werden konnte, dass dieser Stahlbeton rot-weiß angemalt wurde. Durch die Signalfarbe sollte eigentlich sicher gestellt werden, dass der Turm rechtzeitig von Piloten gesehen werden kann, die den nahegelegenen Flughafen ansteuern. Der Architekt Erwin Heinle, der an der Gestaltung des Fernsehturms beteiligt war, schlug vor, rotierende, weithin sichtbare Xenon-Lampen am Turm zu installieren. Er setze sich durch.

Trotz Skepsis in der Bevölkerung und im Stuttgarter Gemeinderat wird am 10. Juni 1954 der Spatenstich gefeiert. Nach etwa 20 Monaten Bauzeit gilt der Stuttgarter Fernsehturm am 6. Februar 1956 bei seiner offiziellen Eröffnung als eines der zehn höchsten Bauwerke der Welt. Der frei stehende Turm aus Stahlbeton wird zum internationalen Vorbild für eine ganze Reihe von Fernsehtürmen. Die anfängliche Angst bei den Menschen, der Turm könne bei starkem Wind einfach umkippen, war schnell vergessen. Der Fernsehturm wurde zur Attraktion: Bereits ein Jahr nach der Eröffnung haben eine Million Besucher den Blick über den Kesselrand gewagt.

Foto: StZ

Eine der prominentesten Besucherinnen war am 24. Mai 1965 Queen Elizabeth II. Zusammen mit dem damaligen Oberbürgermeister Arnulf Klett trug sie sich in 150 Metern Höhe in das Gästebuch der Stadt ein.

Leonhardt: „Bei guter Pflege wird das Ding 200 Jahre alt“

Weil es auch nach Fertigstellung des Fernsehturms zu Klagen über schlechten Fernsehempfang kam, erhöhte der Süddeutsche Rundfunk den Stahlgittermast 1965 noch einmal um einige Meter, sodass der Turm vom Sockel bis zur Spitze heute 217 Meter misst. 1994 wird der Turmschaft saniert und der Sendemast neu gestrichen. Von April bis November 2005 wird die Außenverkleidung des Turmkorbs saniert.

Im Juli 2006 werden die Fernsehantennen stillgelegt, die Hörfunkprogramme und der Polizeifunk werden aber weiter vom Fernsehturm aus gesendet. Auch wenn er etwas von seiner Funktionalität eingebüßt hat, ist der Stuttgarter Fernsehturm zum Symbol der Landeshauptstadt geworden.

„Bei guter Pflege wird das Ding 200 Jahre alt“, sagte Fritz Leonhardt 1996 in einem Interview – nicht ahnend, dass der Fernsehturm einmal auf Grund von Mängeln beim Brandschutz zwischenzeitlich geschlossen werden könnte.

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