Mehr als 5,3 Millionen Katalanen stimmen am Sonntag über die Abspaltung von Spanien ab. Der Fußballtrainer Pep Guardiola ist der wohl prominenteste Befürworter des Referendums.

Barcelona - Pep Guardiola machte schon im Juni Werbung. Damals saß er zwischen den wichtigsten Politikern seines Landes, seines gefühlten Landes. Nicht des Staates Spanien, das seinen Pass ausstellt. Kataloniens Regierungschef Carles Puigdemont und Vize Oriol Junqueras starteten gerade in Barcelona die Kampagne für ihr Referendum über eine Loslösung von Spanien und der Stargast verlas ein Manifest, das trotz seiner leisen Stimme wie Donnerhall klang: „Wir Katalanen sind Opfer einer politischen Verfolgung, wie sie sich in einer Demokratie im Europa des 21. Jahrhunderts nicht gehört. Wir bitten die internationale Gemeinschaft um Hilfe gegen die Übergriffe eines autoritären Staats.“

 

Das war starker Tobak, doch es ist längst keine Außenseitermeinung mehr in Katalonien. Mit Razzien, vorübergehenden Inhaftierungen und Mobilmachung von Militärpolizeieinheiten aus ganz Spanien gingen Zentralregierung und Justiz gegen die Vorbereitungen für das vom Verfassungsgericht untersagte Votum vor.

„Diesmal geht es um Demokratie“, sagt Pep Guardiola im Werbespot

Schon im November 2014, als die Katalanen bei einer Konsultation über ihre Ansicht zu einem eigenen Staat befragt wurden, reiste Guardiola zur Stimmabgabe aus seinem damaligen Arbeitsort München an. Im September 2015 kandidierte er bei den Regionalwahlen symbolisch auf dem letzten Platz der Unabhängigkeitsliste „Junts pel Sí“. Mittlerweile arbeitet der berühmte Fußballtrainer in Manchester und hat sich von dort mittels eines Werbespots für die Abhaltung des Referendums eingesetzt: „Diesmal geht es nicht um die Unabhängigkeit, sondern um Demokratie.“

Guardiola gehört zu dem relativ kleinen Anteil „Independentistas“, die schon zu einer Zeit für die Loslösung von Spanien eintraten, „als das die Sache von vier Leuten war“, wie er selbst mal sagte. Dass sich die Bewegung so ausweiten konnte, liegt vor allem an den Verwerfungen der Wirtschaftskrise und dem sturen Nein der konservativen spanischen Regierungspartei PP zu einer Ausweitung der katalanischen Autonomie, deren Neuverhandlung sie bereits zu Oppositionszeiten durch eine Verfassungsklage torpediert hatte. Ein wenig liegt es wohl aber auch am Einsatz von Guardiola. Als es am katalanischen Nationalfeiertag 2012 zur ersten Millionenkundgebung kam, sandte der Trainer aus seinem damaligen New Yorker Sabbatical eine Videobotschaft: „Hier habt ihr eine Stimme mehr für die Unabhängigkeit.“

„Votarem, votarem – wir werden wählen“, singen die Fußballfans im Stadion

Damals war seine Zeit beim FC Barcelona gerade erst vorbei, und sein Wort besaß in Katalonien quasi die Kraft eines Propheten. Inzwischen wird er nicht mehr ganz so gebraucht – die Mobilisierung besorgt ja die Zentralregierung mit ihrem repressiven Kurs gegen jede Form eines laut Umfragen von fast 80 Prozent der Katalanen gewünschten Referendums. Am Tag der Razzien und Festnahmen schlug sich auch der Fußballclub Barça in einem Kommuniqué auf die Seite der katalanischen Regierung: „Der FC Barcelona, treu seiner historischen Verpflichtung zur Verteidigung des Landes, der Demokratie, der Meinungsfreiheit und des Rechts auf Selbstbestimmung, verurteilt jede Handlung, die das volle Ausüben dieser Rechte verhindert.“ Mit dem Land gemeint ist Katalonien.

Das Stadion Camp Nou war schon während der Franco-Diktatur einer der wenigen Orte, an denen die Leute unbehelligt ihre Sprache sprechen konnten. Heute ist es ein Hort der Unabhängigkeitsbefürworter. Nicht mal wiederholte Strafen des europäischen Fußballverbandes Uefa konnten verhindern, dass Fans entsprechende Fahnen zeigen und den Schlachtruf „In-Inde-Independència“ intonieren. Als beim letzten Spiel vor dem Referendum der Regierungschef Puigdemont das Stadion betrat, erhoben sich die Leute, sangen die katalanische Nationalhymne und skandierten: „Votarem, votarem – wir werden wählen“. Ob das am Sonntag möglich ist, bleibt offen. Ob Pep Guardiola wieder zu einem Überraschungsbesuch eintrifft, auch.