Der Mittelfeldspieler fordert eine deutliche Leistungssteigerung und sagt: „Wir haben wie Schuljungen gespielt“

Sport: Marco Seliger (sem)

Sotschi - Sami Khedira blieb cool in der Hitze von Sotschi. Da kam am Donnerstag tatsächlich ein schwedischer Boulevard-Reporter am Trainingsplatz der deutschen Nationalelf vorbei und überreichte Khedira: Rückflugtickets. Für Samstag. Für 23 Uhr, also für die Zeit nach dem Spiel gegen Schweden. Zielflughafen: Berlin. Garniert hatte der Reporter von „Expressen“ sein selbst gebasteltes Geschenk noch mit dem grammatikalisch nicht ganz korrekten, aber im Zweifel durchaus löblichen Vermerk: „Frei Weißbier am Bord.“

 

Der gute Mann immerhin stellte sich sogar noch höflich vor bei Khedira und erklärte sein kleines Präsent: „Mein Name ist Ludvig, ich bin Journalist aus Schweden. Wenn Sie am Samstag gegen Schweden verlieren, geht’s bereits auf die Heimreise. Darum habe ich hier schon mal ein paar Bordkarten für Sie“, sagte er. Khedira staunte – und gab zunächst den Eisschrank. „Herzlichen Dank“, sagte der Weltmeister und betonte reichlich abgeklärt: „Aber die brauchen wir nicht. Wir wollen noch nicht nach Hause.“ Als der Reporter nachhakte („Okay, dann kriegen Sie sie vielleicht nach dem Spiel am Samstag“), taute Khedira auf – und hatte eine passende Antwort: „Ich denke, wir brauchen sie erst am 16. Juli.“

Am Tag nach dem WM-Finale also.

Khedira strahlt Zuversicht aus

Es ist ja nicht das schlechteste Zeichen, dass Khedira kurz vor dem so wichtigen zweiten Gruppenspiel gegen die Schweden schon wieder Zuversicht ausstrahlt und locker auf den Gag reagiert – so wirklich zum Spaßen ist ihm aber generell noch nicht zumute. Zu ernst ist die Lage der deutschen Elf nach dem verpatzten Auftakt gegen Mexiko. Bei einer Niederlage gegen die Schweden an diesem Samstag droht ja tatsächlich schon das Aus, dann würde nur noch der „Expressen“-Reporter lachen.

So weit soll es nicht kommen, weshalb der Mittelfeldmann von Juventus Turin nun klare Forderungen an seine Mitspieler richtete: „Wir müssen in allen Mannschaftsteilen kompakter spielen, wir müssen intelligenter spielen. Wir haben gegen Mexiko wie Schuljungen gespielt, wir haben uns auskontern lassen.“

„Ich weiß selber, dass ich kein gutes Spiel gemacht habe“

Auch über seine eigene schwache Leistung gegen die Mexikaner sprach der ehemalige VfB-Profi offen: „Ich weiß selber, dass ich kein gutes Spiel gemacht habe“, sagte er, „aber das hat nichts damit zu tun, dass ich nicht gut ins Spiel gefunden habe. Das hat mannschaftstaktische Gründe. Auch wenn man toll spielt, ist man nur so gut wie die Mannschaft.“

Khedira betonte, dass es gegen die Schweden nicht so wichtig sei, wer von Beginn an spielt: „Es geht nicht um zwei Spieler raus und zwei Spieler rein. Wenn man mit dem gleichen Konstrukt spielt, mit der gleichen Einstellung, mit der gleichen Intensität wie gegen Mexiko, dann hat jeder Probleme. Dann bräuchten wir Usain Bolt, der im Mittelfeld die Räume zumacht. Das sind wir aber nicht. Das können wir vielleicht einmal schaffen, aber nicht zehnmal.“

Es zählen keine Einzelschicksale

Darauf angesprochen, ob er gegen Schweden möglicherweise auf der Bank Platz nehmen muss, gab sich Khedira gelassen: „Ich hätte überhaupt kein Problem damit. Es zählen keine Einzelschicksale und Egos. Es geht nicht um Namen und auch nicht darum, dass ich jedes Spiel mache“, sagte der Weltmeister. Allerdings: Wer Khedira und seinen Führungsanspruch kennt, der weiß, dass es in ihm brodeln würde, wenn er nicht spielen dürfte.

Anders als am Donnerstag vor dem Training, als er den Angriff des schwedischen Reporters ganz gelassen abwehrte.