Der baden-württembergische Finanzminister Nils Schmid (SPD) will dem Verkehrsministerium die Kosten aufdrücken, falls Stuttgart 21 gekippt wird.

Stuttgart - Kurz vor der Volksabstimmung zu Stuttgart 21 hat der baden-württembergische Finanzminister und SPD-Chef Nils Schmid den Grünen vorgeworfen, das Projekt mit dem Argument einer angeblichen Kostenexplosion hintertreiben zu wollen. Aussagen von grüner Seite, der Kostenpuffer der Bahn sei schon jetzt ausgereizt, seien „der untaugliche Versuch, das Projekt durch die Hintertür zu torpedieren“, kritisiert Schmid in einem Interview mit der „WirtschaftsWoche“. „Die Bahn hat der Landesregierung gerade erst eine neue Kostenkalkulation vorgelegt, die mir absolut plausibel erscheint. Danach haben wir bei den Kosten noch einen erheblichen Puffer“, sagte der SPD-Politiker, der auch stellvertretender Ministerpräsident des Landes ist.

 

Schmid: „Es sind schon zahlreiche Arbeiten, insbesondere Tunnelaufträge, vergeben, und zwar zu Festpreisen. Spekulationen, der vereinbarte Kostendeckel werde oder sei bereits überschritten, sind dummes Zeug.“

Sollten die S21-Gegner bei der Abstimmung scheitern oder das Quorum nicht erreichen, werde der Tiefbahnhof gebaut, sagte Schmid. „Es wäre fatal für die demokratische Kultur, wenn die Projektgegner die Spielregeln des Plebiszits nicht anerkennen.“ Auch in der Landesregierung sei dies so besprochen. „Es gibt in dieser Frage eine klare Absprache in der Koalition, auch Ministerpräsident Kretschmann hat sich unmissverständlich geäußert. Neue Störmanöver der Grünen würden daher die gesamte Koalition destabilisieren.“

Schmid: Verkehrsministerium müsste Ausstieg finanzieren

Fall die Bahnhofsgegner Erfolg haben und das Projekt kippt, will Schmid die Schadensersatzzahlungen in Milliardenhöhe aus dem Verkehrsressort des Landes finanzieren, das der Grünen-Politiker und S21-Gegner Winfried Hermann leitet. Schmid: „Entschädigungszahlungen müssten vor allem aus dem Etat des Verkehrsministeriums bestritten werden. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Koalition mögliche Ausstiegskosten durch die Wiedereinführung von Studiengebühren oder Sparmaßnahmen bei Kitas und Ganztagsschulen hereinholt.“

Die Volksabstimmung über Stuttgart 21 stößt auch bundesweit auf starke Beachtung. Nach einer aktuellen Allensbach-Umfrage, die der „WirtschaftsWoche“ vorliegt, glauben mittlerweile 46 Prozent der Bundesbürger, dass ein Stopp von Stuttgart 21 negative Auswirkungen auch auf andere Großprojekte in Deutschland haben werde. Vor einem Jahr waren nur 38 Prozent dieser Meinung. Dagegen sank die Zahl der Bürger, die keine Signalwirkung eines Ausstiegs sehen, von 41 auf 35 Prozent.