"Kleiner König" wird der Ludwigsburger Oberbürgermeister Werner Spec gern mal genannt. Dem Gemeinderat ist er zu eigenwillig.  

Ludwigsburg - Werner Spec hat einen Ruf als Macher. Hinter vorgehaltener Hand wird er auch schon mal Tyrann genannt. Diese Vokabeln belegen, dass der 53-Jährige ein Mann ist, der gerne Entscheidungen trifft. Keine schlechte Eigenschaft für einen Stadtchef. Doch immer wieder stößt er mit Schnellschüssen Leute vor den Kopf, vor allem seine Gemeinderäte. Diese haben nun genug davon.

 

Wenige Tage vor der OB-Wahl am Sonntag haben die Fraktionschefs von CDU, SPD, Freien Wählern, den Grünen und der FDP einen gemeinsamen Antrag unterzeichnet, in dem sie dem Stadtchef quasi verbieten, weiter Werbung für sein neues Lieblingsprojektzu machen - einen Kombinationsbau von Schule und Supermarkt im Stadtteil Neckarweihingen. Spec hat inzwischen versichert, er werde vorerst auf weitere Aktionen zu Gunsten des Projekts verzichten. Im Gegenzug aber wirft er den Gemeinderäten vor, Fakten zu verdrehen. Ihnen gehe es nicht um die Interessen der Stadtteilbewohner, sondern darum, ihm bei der Wahl am Sonntag zu schaden: "Das sind schon brutale Vorwürfe."

Spec möchte Pläne durchboxen, für die es kaum Fakten gibt

Der Hintergrund des Antrags, den die Fraktionen am Dienstag an den Oberbürgermeister geschickt haben: nach jahrelangen Diskussionen über den Bau eines neuen Supermarkts in Neckarweihingen hatte sich der Gemeinderat auf den Standort im Neubaugebiet Neckarterrassen festgelegt. Doch plötzlich habe Spec alte Pläne aus der Schublade gezogen und einen Großmarkt in der Stadtmitte forciert, der in einem gemeinsamen Neubau mit der Friedrich-von-Keller-Schule unterkommen solle, klagen die Räte.

"Das sind durchaus diskussionswürdige Pläne, die Herr Spec uns da präsentiert. Aber warum zieht er die erst jetzt aus der Tasche, da alles schon längst beschlossen ist?", fragt sich nicht nur Klaus Herrmann, der Fraktionschef der CDU. Sein Kollege Eckart Bohn (SPD) spricht gar von "Rambo-Manier", in der Spec in einer Bürgerversammlung in Neckarweihingen am 9. Juni aufgetreten sei. "Das lief nach dem Motto: Entweder ihr schluckt die neue Variante, oder ihr kriegt gar nichts", empört sich Eckart Bohn. Vor allem aber stören sich die Stadträte daran, dass Spec Pläne durchboxen möchte, für die noch kaum Fakten auf dem Tisch liegen. Ist eine neue Hauptschule angesichts des anvisierten Umbaus der Schullandschaft überhaupt sinnvoll? Wie hoch sind die Kosten? Wie wirkt sich ein Supermarkt in der Ortsmitte auf die Verkehrssituation aus?

Er möchte aufzeigen, dass es Alternativen gibt

Der Oberbürgermeister dagegen glaubt, im Teilort viele Befürworter für das von ihm favorisierte Konzept zu haben. Im Übrigen habe er das nicht aus dem Hut gezaubert, um die Stadträte zu ärgern, sondern um den Neckarweihingern aufzuzeigen, dass es noch Alternativen gebe. Genau das aber hätten einzelne Räte verhindern wollen, um den Bau eines Lebensmittelmarkts auf dem Areal Neckarterrassen durchsetzen zu können.

Die Unterzeichner des Protestbriefes fühlen sich unter Druck gesetzt. Sie sollten noch vor der Sommerpause über eine Bürgerbefragung zum Supermarkt abstimmen. Bis dahin wolle der OB die Bürger durch eine gezielte Werbung mit Broschüren im Stadtteil hinter sich bringen. Dann habe der Gemeinderat keine andere Möglichkeit, als die Pläne abzusegnen, mutmaßen die Räte. Das habe nichts mit Bürgerbeteiligung zu tun, sagt Roland Glasbrenner (Freie Wähler): "Das ist Bürgermanipulation, um den Rat zu umgehen."

Der Druck werde von den Räten gemacht, nicht von ihm, sagt Werner Spec. "Das Thema hätte noch viel Zeit gehabt."

Am Sonntag wählen die Ludwigsburger den Oberbürgermeister

Kandidaten: Zwei Herausforderer werden am Sonntag gegen den Amtsinhaber Werner Spec antreten: die in der Weststadt lebende Erzieherin Heike Baumbach (36) und der Maschinenbautechniker Thomas Lambeck aus Vaihingen an der Enz (38). Beide sind mit kessen Sprüchen in den Wahlkampf gezogen: „Ich weiß, wie die Leute ticken“, sagt Heike Baumbach, während sich Thomas Lambeck als „fitten Jogger“, der die Bürger über den städtischen Haushalt abstimmen lassen will, vorstellte.

Amtsinhaber Oberbürgermeister Werner Spec (53) ist seit 2003 im Amt. Er ist parteilos, steht aber der CDU sehr nah. Spec, der eine klassische Verwaltungskarriere absolviert hat, war zuvor Oberbürgermeister in Calw. In seiner Ludwigsburger Amtszeit hat er der Stadt vor allem Großprojekte wie die Arena beschert. Im Fall einer zweiten Amtszeit werde er auf solche Leuchtturmprojekte verzichten und sich verstärkt um den Schuldenabbau kümmern, hat Spec dem Gemeinderat versprochen.

Wahlbeteiligung: Vor acht Jahren erhielt er 73 Prozent der abgegebenen Stimmen, bei einer Wahlbeteiligung von nur 25,8 Prozent. Nur jeder vierte Ludwigsburger hat ihn also gewählt. Spec’ s Wiederwahl gilt als sicher, seine Gegenkandidaten werden von keiner Gemeinderatsfraktion unterstützt. Darum wird sich das Augenmerk am Sonntag auf die Wahlbeteiligung richten. 2003 wurde Spec auch von der SPD und den Freien Wählern mitgetragen, inzwischen hat er deren Unterstützung nicht mehr.