Vor der Weltklimakonferenz Es geht – auch – um viel Geld

Wie hier in Frankreich gingen vor der Klimakonferenz viele junge Klimaschützer auf die Straße. Foto: Imago//Alain Pitton

An diesem Sonntag beginnt im ägyptischen Scharm El-Scheich die Weltklimakonferenz. Delegationen aus 193 Ländern beraten über die globale Erderwärmung. Sind ambitionierte Beschlüsse zu erwarten?

Vor 30 Jahren trat die erste Vereinbarung zum Kampf gegen den Klimawandel in Kraft: die sogenannte Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen. Seither treffen sich die inzwischen 193 Vertragsstaaten dieser Konvention einmal jährlich zu Konferenzen (Englisch: Conference of the Parties, kurz COP) und versuchen, die Erderwärmung möglichst noch auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Die 27. Weltklimakonferenz, die an diesem Sonntag in Scharm El-Scheich beginnt, wird überschattet vom russischen Angriffskrieg und der globalen Energiekrise.

 

Wo steht die Weltgemeinschaft mit Blick auf das 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens? Dieses Ziel rückt in weite Ferne – was weltweit dramatische Konsequenzen hätte. Ein jüngst von den Vereinten Nationen (UN) veröffentlichter Bericht zeigt: Die bisherigen Zusagen der 193 Vertragsstaaten des Pariser Klimaabkommens reichen bei Weitem nicht aus, um die Erderwärmung noch auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Viele Staaten haben – anders als versprochen – ihre nationalen Klimaschutzpläne nicht nachgeschärft. Mit den bislang geplanten Maßnahmen könnte sich die Erde laut UN-Bericht bis Ende des Jahrhunderts um rund 2,5 Grad Celsius erwärmen, verglichen mit der vorindustriellen Zeit. Bis 2030 würde der CO2-Ausstoß weltweit zunächst noch um etwas mehr als 10 Prozent ansteigen. Nach Erkenntnissen des Weltklimarats IPCC müssten die Emissionen für das 1,5-Grad-Ziel bis 2030 aber um mehr als 40 Prozent sinken. Als positiv wertet man neue ambitioniertere Ziele Australiens und der USA. Um das Pariser Abkommen am Leben zu erhalten, müssten die Staaten deutlich mehr tun, ihre Aktionspläne allerdings noch deutlich verstärken, sagte Simon Stiell vom UN-Klimabüro.

Was werden die zentralen Themen in Ägypten? Auf der Agenda wird wohl vor allem die Klimafinanzierung stehen. Die Industriestaaten hatten – weil sie historisch viel stärker zu den globalen Treibhausgasemissionen und damit zum Klimawandel beigetragen haben – bereits 2009 zugesagt, von 2020 an jährlich 100 Milliarden Dollar für Klimaschutz und Anpassung in ärmeren Ländern bereitzustellen. „Die Lücke zwischen Zusagen und Realität ist riesig“, betont Mohamed Nasr, ägyptischer Chefunterhändler für Klimafragen. Mit 83 Milliarden Dollar wurde 2020 für die Finanzierung von Klimaschutz der Höchststand an verfügbarem Geld erreicht. Beim Thema „Schäden und Verluste“ durch den Klimawandel geht es ebenfalls um Geld. Die jüngste Flutkatastrophe in Pakistan hätte vor Augen geführt, dass der Klimawandel sich jetzt schon massiv auswirke – und für viele Länder eine „große Herausforderung“ darstelle, so Nasr.

Mit welchen Erwartungen fährt die deutsche Delegation nach Scharm El-Scheich? Die Bundesregierung und ihr Verhandlungsteam haben die Erwartungen an die Konferenz niedrig gehalten. Die COP 27 müsse angesichts der schwierigen geopolitischen Lage eine Konferenz „für multilaterale Zusammenarbeit und Vertrauen werden“, hatte Jennifer Morgan vorab betont, die Sonderbeauftragte für internationale Klimapolitik im Auswärtigen Amt.

Nach Einschätzung von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock könnte diese COP sogar ohne ein gemeinsames Abschlusspapier enden. Eine solche Übereinkunft sei „in diesen Zeiten nicht automatisch gegeben“, hatte die Grünen-Politikerin mit Blick auf den russischen Angriffskrieg erklärt. Dass die Klimakonferenz überhaupt stattfinde, sei in einer solchen Weltlage schon das Minimalziel. Politische Insider gehen dagegen davon aus, dass die ägyptische Regierung als Gastgeber stark auf ein politisches Abschlusskommuniqué hinarbeiten werde.

Wo liegen die Streitpunkte mit Blick auf eine Abschlusserklärung? „Es wird schwierig werden, zu einem Abschlussdokument zu kommen“, sagte auch Anke Herold, Geschäftsführerin des Öko-Instituts. „In Scharm El-Scheich sollte eigentlich ein Ziel für erhöhte Finanzhilfen ab dem Jahr 2025 vereinbart werden. Die Ausgangssituation dafür ist aber schlecht, weil bisherige Zusagen nicht eingehalten wurden“, so die Expertin für internationale Klimapolitik. Während Deutschland mit zuletzt rund 5,3 Milliarden Dollar an Finanzhilfen nicht schlecht dastehe, stünden andere Industrienationen wie die USA hier in der Kritik. Anke Herold: „Die Entwicklungsländer drängen auch darauf, dass die Industrieländer Entschädigungen für entstehende Schäden zum Beispiel durch Dürrekatastrophen zahlen.“ Sie glaube nicht, dass insbesondere etwa die USA diese Forderung so akzeptieren würden. Deutschland und die EU allerdings haben im Vorfeld signalisiert, dass sie sich „solidarisch“ mit den vulnerablen Staaten zeigen wollen.

Was planen Russland und China? Auf deutscher Seite geht man nicht davon aus, dass russische Delegierte die Verhandlungen entscheidend beeinflussen werden. China wird – sozusagen als Fürsprecher der Schwellen- und Entwicklungsländer – auf mehr finanzielle Hilfen durch Industriestaaten drängen. Das Land mit dem mengenmäßig größten CO2-Ausstoß der Welt hat seine eigenen nationalen Klimaziele indes seit der vergangenen COP nicht nachgeschärft. Auf der Arbeitsebene habe China zuletzt aber konstruktiv mitgearbeitet, sagte Lambert Schneider, Mitglied der EU-Verhandlungsdelegation. Große diplomatische Verwerfungen sind – trotz der schwierigen Weltlage – also nicht in Sicht.

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