Im Haus der Geschichte Baden-Württemberg haben sich Bürger über die Historie von Wahlen und Mitbestimmung informieren können. Man sieht: freie und geheime Wahlen sind keine Selbstverständlichkeit.

Manteldesk: Sandra Hintermayr (shi)

Stuttgart - Wahlen, wie wir sie heute kennen und praktizieren, sind keine Selbstverständlichkeit. „Es ist ein Recht, für das unsere Vorfahren teils heftig gekämpft haben“, sagte Christopher Dowe vom Haus der Geschichte. Er hat die Besucher am Sonntag durch die Ausstellung zum Thema Mitbestimmung im Südwesten geführt. Von der Zeit der französischen Revolution und ihren Auswirkungen bis hin zur Debatte über Stuttgart 21 veranschaulichte Dowe die Geschichte der Demokratie in den letzten 200 Jahren.

 

Von allgemeinem und gleichem Wahlrecht konnte lange Zeit nicht die Rede sein. Wählen durften nur Männer, die einer bestimmten Steuerklasse angehörten, Wahlbeeinflussung war gang und gäbe, das Wahlgeheimnis wurde nicht gewahrt. Erst 1918 wurde auch den Frauen in Deutschland das Wahlrecht eingeräumt, 1919 durften sie erstmals wählen. Damals wurde das „gleiche, geheime, direkte, allgemeine Wahlrecht“ eingeführt.

Im Landtag sind nur 20 Prozent Frauen

Einen schweren Stand in der Politik haben Frauen bis heute, auch in Baden-Württemberg. „Obwohl Frauen etwa die Hälfte der Bevölkerung ausmachen, sind sie im Landtag unterrepräsentiert“, erklärte Dowe. Bei den letzten Landtagswahlen in Baden-Württemberg seien nur 20 Prozent der Sitze von Frauen besetzt worden.

Der Bauzaun von Stuttgart 21 mit Plakaten und Flyern brachte die Teilnehmer der Kuratorenführung in die heutige Zeit. „Er ist ein Zeichen dafür, dass die zwei Fronten, die gegen und für das Großprojekt waren, nicht mehr miteinander gesprochen haben“, sagte der Führer durch die Ausstellung. Inzwischen werde wieder darauf geachtet, dass diese „Sprachlosigkeit“ bei Bauprojekten nicht mehr stattfindet.

„Es ist gut, dass dieser Thementag eine Woche vor den Landtagswahlen veranstaltet wird“, sagte der Besucher Anton Schaible aus Plieningen. Über das Ergebnis der Wahl am nächsten Sonntag kann er nur spekulieren. „Bislang ist nicht klar, wer vorne sein wird, die Grünen oder die CDU. Auch wie die AfD abschneiden wird, ist ungewiss.“ Durch das Thema Flüchtlinge würde letztere Partei große Aufmerksamkeit gewinnen. „Aber die Flüchtlingsproblematik kann man nur Schritt für Schritt lösen.“ Die AfD betreibe viel Stimmungsmache, fand auch Elke Weiss. „Ich hoffe aber, dass der Zulauf dieser Partei nur eine vorübergehende Erscheinung ist.“ Denn im AfD-Programm stecke nicht viel Habhaftes.

Veranstaltung sollte zum Wählengehen motivieren

Dass es wichtig ist, von seinem Wahlrecht Gebrauch zu machen, dessen sind sich die Mitarbeiter des Hauses der Geschichte und die Besucher einig. „Es gibt viele Fragezeichen bei der kommenden Landtagswahl“, sagte der Besucher Klaus Weiss: „Selten war der Ausgang einer Wahl so offen.“ Über die Parteien und deren Programme hat sich das Ehepaar Weiss aus Heumaden bereits gründlich informiert. Im Haus der Geschichte empfanden sie den „historischen Hintergrund zu Wahlen und Demokratie als Bereicherung“, sagte Klaus Weiss. „Man kann sich nie genug informieren“, ergänzte Elke Weiss.

„Es sollte eine Wahlmotivation sein, zu sehen, wie unsere Vorfahren für das allgemeine und gleiche Wahlrecht gekämpft haben“, erläuterte Joachim Rüeck, der Pressesprecher des Hauses der Geschichte, die Idee zum Aktionstag. Neben Führungen zu verschiedenen Themen rund um die Demokratie konnten die Besucher am Wahl-O-Mat schauen, welche Partei ihren politischen Neigungen entspricht. Außerdem gab es verschiedene Stationen unter anderem zum Thema Frauen in der Politik.