In Schorndorf opfern angehende Elektrotechnikmeister viel Zeit für ihr berufliches Fortkommen.

Manteldesk: Thomas Schwarz (hsw)

Schorndorf - Wenn andere bereits ins Wochenende gehen, dann drehen sie noch mal richtig auf: 28 angehende Meister des Elektrotechniker-Handwerks treffen nahezu jeden Freitag um 13.15 Uhr in der Grafenbergschule in Schorndorf ein, um sich auf die Prüfungen vorzubereiten. Acht Stunden Theorie stehen dann vor ihnen, an den Samstagen geht es mit der Praxis weiter von 7.30 Uhr bis 13.30 Uhr, zwei Jahre lang. Außer in den Schulferien wird das Programm jedes Wochenende durchgezogen – „neben“ einem Vollzeitjob unter der Woche.

 

Unterschiedlichste Biografien

„Wer vorweisen kann, dass er das durchgehalten hat, beeindruckt Arbeitgeber“, sagt Achim Reisner, einer der 17 Lehrer, welche die Kurse leiten. Die Teilnehmer kommen aus der gesamten Region Stuttgart und darüber hinaus. Die Berufliche Schule des Rems-Murr-Kreises ist neben Öhringen die einzige ihrer Art, die im Regierungsbezirk Stuttgart solche Meisterprüfungskurse anbietet. Die Teilnehmer haben die unterschiedlichsten Biografien, vom Alter her sind sie zwischen 19 und 45 Jahre alt. „Da treffen die unterschiedlichsten Erfahrungen aufeinander“, sagt Reisner.

So hat der 27-jährige Tobias Neuerer bereits seit 2013 den Gesellenbrief, der 19-jährige Jens Weller erst seit dem vergangenen Jahr. „Es ist schon eine Umstellung, nach Jahren im Beruf wieder acht Stunden lang jemandem zuzuhören. Vor allem, wenn man es mittlerweile gewohnt ist, dass einem die anderen auf der Baustelle zuhören“, sagt Alexander Kiefer, der mit 36 Jahren der älteste in einem Quartett von Meisterschülern ist, die über ihre Ausbildung in Schorndorf Auskunft geben.

Voraussetzung für Führungspositionen

Der vierte von ihnen ist David Kokhodze. Der 31-Jährige kam vor zehn Jahren aus Georgien nach Deutschland, hat sich hier den Gesellenbrief erarbeitet und will sich nun mit dem Meistertitel bessere Chancen in seinem Beruf sichern. Das treibt auch die anderen an.

„Das ist die Voraussetzung für Führungspositionen“, sagt Neuerer, der im Mai Vater wird. „Mitten in der Vorbereitungszeit“, wie er sagt. Von der Familie hat er in der ersten Zeit am Wochenende nicht so viel. Und je nach Laune des Nachwuchses werden nicht nur die Wochenenden kürzer, sondern auch die Nächte.

Alexander Kiefer ist bereits Familienvater. Diese motiviere ihn auch, die Ausbildung zu machen. „Mit dem Meistertitel verdient man besser.“ Dafür opfern die Teilnehmer nicht nur viel Freizeit, sondern auch die eine oder andere Aktivität. „Fußball im Verein kann man in der Zeit vergessen. Da bleibt keine Zeit für Training – oft nicht mal zum Zuschauen.“

Die Abschlussprüfungen haben es ebenfalls in sich. Diese werden von der Handwerkskammer Stuttgart abgenommen. Die schriftlichen Prüfungen dauern drei Tage lang. Im SSB-Zentrum auf der Waldau kommen dazu regelmäßig rund 100 angehende Elektrotechnikmeister zusammen. Neben den praktischen Prüfungen müssen die Kandidaten ein Meisterstück vorweisen. „Die genaue Aufgabe wird einem drei bis vier Monate zuvor verraten“, sagt Jens Weller, der mit Prüfungssituationen trotz seines jungen Alters einige Erfahrung hat: Er ist amtierender Bundessieger der Elektrotechniker.

Bundessieger der Elektrotechniker

„Ich hatte bei der Gesellenprüfung 2019 den besten Notenschnitt in Stuttgart“, erzählt er. Dadurch kam er in den Landeswettbewerb, in dem er ebenfalls als bester abschnitt. „Und damit in den Bundeswettbewerb nach Oldenburg.“

Die unterschiedlichen Erfahrungen teilen viele der Teilnehmer in Lerngruppen. „Solche haben sich jetzt auch wieder gebildet“, sagt Achim Reisner, der sichtlich begeistert ist von der Ausdauer der angehenden Meister.