In Schweden legt der Staat einen Teil der Arbeitnehmergehälter an. Über ähnliche Modelle wird auch hier diskutiert.
Frankfurt/Main - Als Friedrich Merz im Kampf um den CDU-Vorsitz die Förderung von Aktieninvestments für die Altersvorsorge forderte, war die Aufregung groß. Dabei halten auch viele Verbraucherschützer die Nutzung von Aktien für den Aufbau eines Ruhepolsters durchaus für sinnvoll: „Wer langfristig sein Geld vermehren möchte, kommt um Aktien als Mitbestandteil einer Anlagestrategie kaum herum“, sagt der Finanzexperte der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, Niels Nauhauser.
In welcher Form soll der Staat Investitionen unterstützen?
Der Streit dreht sich also nicht um die Aktie als Anlageklasse, sondern darum, in welcher Form der Staat Investitionen unterstützen sollte. Merz hatte einen jährlichen Steuerfreibetrag für den Aufbau eines auf Aktien basierenden Sparplans ins Gespräch gebracht. Das kam nicht nur deshalb schlecht an, weil der CDU-Politiker in Deutschland den Fondsanbieter Blackrock vertritt und den Verdacht weckte, er wolle seinem Arbeitgeber mehr Kundengelder zuschanzen. Vielmehr würden Steuerfreibeträge die größten Probleme bei der privaten Altersvorsorge nicht lösen: Geringverdiener, die auf eine staatliche Förderung am stärksten angewiesen sind, profitieren kaum von Steuererleichterungen. Auch daran, dass die Auswahl geeigneter Fonds Verbrauchern viel Eigeninitiative abverlangt, würde sich nichts ändern.
Die Verbraucherzentrale wirbt für einen „gemeinnützigen Vorsorgefonds“
Der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) wirbt stattdessen dafür, die Ersparnisse von Arbeitnehmern von einem „gemeinnützigen Vorsorgefonds“ verwalten zu lassen. In diesen bei einer öffentlichen Institution einzurichtenden Fonds würde ein Teil des Nettolohns aller Arbeitnehmer eingezahlt, die dem nicht ausdrücklich widersprechen. Anders als bei privaten Fondsgesellschaften fielen damit praktisch keine Vertriebskosten an, die die Rendite schmälern. Mit der eigentlichen Kapitalanlage solle der Vorsorgefonds aber private Vermögensverwalter beauftragen, heißt es in einem VZBV-Papier von 2017.
Ein ähnliches Konzept unter dem Titel „Deutschland-Rente“ wurde im gleichen Jahr von der schwarz-grünen Landesregierung in Hessen vorgelegt. Es sieht ebenfalls die Einrichtung eines Vorsorgefonds vor, der als Alternative zu den bestehenden Riester-Verträgen privater Anbieter zwei einfache Standardprodukte anbieten soll. Die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg wiederum entwickelte einen verwandten Vorschlag für ein „Vorsorgekonto“, das allerdings als Zusatzkomponente einen Ausgleich zwischen schwachen und guten Börsenjahren vorsieht.
Für die Riester-Rente gilt eine sogenannte Beitragsgarantie
Angelehnt sind alle diese Vorschläge an die sogenannte Prämienrente in Schweden. Hier wird von den Beitragszahlungen an die umlagenfinanzierte Rentenversicherung ein Teil abgezweigt und am Kapitalmarkt angelegt. Das ist für alle Arbeitnehmer zwingend, sie können aber entscheiden, ob sie das Geld einer privaten Fondsgesellschaft anvertrauen oder der staatlichen Behörde AP7. Letztere legt das Geld in Aktien und festverzinsliche Wertpapiere an.
Staatliche Sparzulagen oder Steuervorteile wie bei der Riester-Rente gibt es im schwedischen Modell allerdings nicht. Obendrein gilt für die Riester-Rente eine sogenannte Beitragsgarantie: Die Anbieter müssen zusichern, das eingezahlte Geld wenn nicht zu vermehren, so doch wenigstens zu erhalten. Diese Garantien sind mittlerweile aber auch in Deutschland umstritten. Denn um Verlustrisiken auszuschließen, müssen die Anbieter das Geld der Riester-Sparer entweder in risikoarme, aber niedrigverzinste Wertpapiere stecken oder die mit Aktien eingegangenen Risiken durch andere Finanzinstrumente absichern, was ebenfalls Rendite kostet.