Er ist wieder in der Bäckereifiliale und war sogar im SWR-Fernsehen: Vorerst wird der Jeside Faisal K., für den die Weilheimer Firma Scholderbeck kämpft, nicht abgeschoben.

Er sei wieder da, happy, könne einigermaßen schlafen – und dürfe ein Stück weit ein normales Leben führen. Eve Sigel, Chefin der Weilheimer Bäckerei Scholderbeck, spricht über ihren Mitarbeiter Faisal K. Wochenlang hatte sie sprichwörtlich Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, damit der Jeside nicht in den Irak abgeschoben wird. Er ist sogar im Fernsehen aufgetreten. Nun gibt es eine Verschnaufpause.

 

„Der Fall liegt nun bei der Härtefallkommission des Landes“, sagt Eve Sigel. Solange das Verfahren läuft, habe Faisal K. eine befristete Arbeitsduldung. Der 23-Jährige arbeitet seit Jahresbeginn in einer Filiale der Firma als Reinigungskraft. Seine Chefs sind so zufrieden mit ihm, dass sie ihm eine Ausbildung in Aussicht gestellt haben. Doch vor Kurzem war sein Asylantrag abgelehnt worden. Und eines Nachts Mitte April standen plötzlich Polizisten vor der Backstube, die K. zur Abschiebung abholen wollten.

Bäckereichefin will Geflüchteten als Mitarbeiter behalten

Eve Sigel kämpft dafür, dass Faisal K. in Deutschland bleiben kann. Foto: SWR

Für Eve Sigel, die ihren Mitarbeiter behalten will und zudem um die Sicherheit des jungen Mannes im Irak fürchtet, ist es unverständlich, dass ausgerechnet Faisal K. abgeschoben werden soll. „Würde Faisal sich nicht bemühen, nicht integrieren und nicht arbeiten – er würde dennoch gleich behandelt“, sagt sie. Die Bäckereichefin findet das ungerecht. Auf der anderen Seite lebten straffällig gewordene Geflüchtete seit Jahren in Deutschland. „In dieser Spreizung leben wir“, sagt Sigel.

Weil die Beamten K. weder zu Hause noch an seinem Arbeitsplatz antrafen, konnte er zwischenzeitlich abtauchen. Seit vorvergangener Woche ist er nun zurück, geht zur Arbeit und in den Sprachkurs – und das schon, bevor die schriftliche Bestätigung der Duldung eingegangen war. „Er hat gesagt, er halte es nicht mehr aus“, sagt Sigel. Auch hat er dem SWR ein Interview gegeben. Er wolle nicht in den Irak zurück, seine Familie rate ihm ab, zurückzukommen, erzählte er dem Fernsehreporter. Sigel findet es „mehr als mutig“ von ihrem Mitarbeiter, wieder zurückzukehren und sogar mit dem Fernsehen zu sprechen. Denn sollte die Härtefallkommission nicht zu seinen Gunsten entscheiden, muss Faisal K. das Land womöglich verlassen.

Kritik an Abschiebung von Jesiden

Kritiker wie der Antisemitismusbeauftragte des Landes, Michael Blume, halten es für falsch, dass Jesidinnen und Jesiden, die 2014 zu Tausenden durch Terroristen des „Islamischen Staates“ (IS) getötet oder verschleppt worden waren, wieder in den Irak abgeschoben werden können. Doch Teile des Iraks werden vom Auswärtigen Amt als sicher eingestuft, betonte Marion Gentges (CDU), Baden-Württembergs Justiz- und Migrationsministerin, in dem SWR-Beitrag. Sie verweist auf die geltende Rechtslage, die dazu führe, dass Faisal K. abschiebepflichtig sei.

Eve Sigel kämpft nun schon seit vielen Wochen für ein Bleibe- und Arbeitsrecht für ihren Mitarbeiter. Sie hat Faisal K. einen Anwalt besorgt, Bundes- und Landespolitiker angeschrieben, sich an den Petitionsausschuss für eine Gesetzesänderung gewandt, ist an die Öffentlichkeit herangetreten. Nun hofft die Bäckereichefin auf eine positive Entscheidung der Härtefallkommission, die ein Ersuchen an das Migrationsministerium richten kann. In den meisten Fällen stimme das Ministerium der Entscheidung der Kommission zu, versicherte Ministerin Gentges gegenüber dem SWR.

Sigel hat schon zwei Mal Mitarbeitende durch Abschiebungen verloren, die sie gerne behalten hätte. Sie fordert generell einen neuen Umgang mit Geflüchteten, die sich im Land befinden, sich einbringen und Rückhalt von Arbeitgebern und ihrem Umfeld haben. „Wir haben ganz viel positive Resonanz erhalten“, sagt sie zu den Reaktionen auf ihr Engagement.