Welche Stimme hat Ronja Räubertochter? Und wie klingt ihr Vater? Amelie Leonardy hat eine genaue Vorstellung davon. Wenn sie vorliest, lässt sie die Figuren zu Leben erwachen. Mit diesem Talent ist die Elfjährige aus Echterdingen weit gekommen.

Echterdingen - Lesen ist nicht gleich lesen. Man kann laut lesen, leise lesen. Man kann die Worte schreien oder flüstern. Man kann mit einer Piepsstimme oder mit einer Brummstimme lesen. Amelie Leonardy vom Philipp-Matthäus-Hahn-Gymnasium (PMHG) beherrscht das Spiel mit der Stimme beim Lesen besonders gut. Die Elfjährige hat es beim diesjährigen Vorlesewettbewerb des deutschen Buchhandels in die vierte von sechs Runden geschafft. Diesen Samstag wird die Schülerin ihr Vorlesetalent beim Entscheid auf Bezirksebene in Esslingen unter Beweis stellen.

 

Wenn sie gewinnt, darf Amelie zum Baden-Württemberg-Entscheid nach Stuttgart fahren. „Angefangen hat alles, als meine Deutschlehrerin Frau Benz uns vom Lesewettbewerb erzählt hat“, erinnert sich Amelie. „Weil ich sehr gerne lese, dachte ich mir, da mach’ ich mit.“ Außerdem liegt das Vorlesetalent quasi in der Familie: „Meine Mama hat auch einmal bei einem Vorlesewettbewerb mitgemacht, das ist natürlich auch ein Grund, warum ich dabei bin.“

Der Text hatte eine Lesedauer von drei bis fünf Minuten

Die erste Runde fand in Amelies Klasse statt. Sie durfte sich einen Text aussuchen, der zwischen drei und fünf Minuten Lesedauer haben sollte. Den hat sie dann vor der Klasse vorgetragen. Diese Aufgabe meisterte Amelie und kam mit acht weiteren Sechstklässlern zum Schulentscheid. Vor 150 weiteren Sechstklässlern las Amelie ihren ausgewählten Text und einen Fremdtext vor. Auch hierbei konnte sie die Jury, bestehend aus Lehrern und älteren Schülern, begeistern und wurde zur Schulsiegerin des PMHG. Beim Kreisentscheid waren 16 Schüler aus den umliegenden Stadtteilen dabei. „Für den Kreisentscheid habe ich mir eine Stelle aus Ronja Räubertochter ausgesucht, die ein bisschen traurig ist“, sagt Amelie. „Beim Vorlesen habe ich dann die verschiedenen Stimme der Personen betont. Der Vater von Ronja hat eine tiefe Stimme, da habe ich dann mit einer Brummstimme gelesen und manchmal auch gebrüllt.“ Für Amelies Lehrerin Anke Benz ist das der Grund, warum Amelie so erfolgreich ist: „Sie kann ihre Stimmlage sehr gut verstellen. Das ist beim Vorlesen wichtig, dann hört das Publikum auch, wann eine neue Person redet.“

Die Deutschlehrerin hat bereit vor dem Wettbewerb mit Amelies Klasse besprochen, auf was es beim Vorlesen ankommt. „Für mich ist das Vorlesen und der Wettbewerb sehr wichtig, denn dadurch sollen die Schüler Lust aufs Lesen bekommen“, sagt Anke Benz. Deswegen gibt es am PMHG einige Vorleseaktionen wie zum Beispiel Bibliotheksbesuche. „Ich finde es wichtig, wenn Schüler freiwillig und gerne lesen“, sagt Benz.

Sie ist gut vorbereitet auf den Bezirksentscheid

Die Vorbereitungen für den Bezirksentscheid hat Amelie bereits getroffen: „Ich lese die Anfangsstelle aus Krabat. Die Stelle gefällt mir gut, weil sie ein bisschen gruselig ist“, sagt die Sechstklässlerin. Vor dem Wettbewerb bereitet sich Amelie natürlich vor. „Ich lese meine Textstelle immer wieder laut vor, zum Beispiel vor meinen Eltern oder meiner Klasse. Für Samstag habe ich mir in meinen Text auch schon Pausen eingezeichnet.“

Ihre Eltern und ihre Schwester sind beim Wettbewerb in Esslingen dabei und drücken die Daumen. Ein bisschen aufgeregt wegen Samstag sei sie jetzt schon, gibt die Elfjährige zu. Aber Amelie hat ein gutes Motto für den Wettbewerb: „Selbst wenn ich nicht gewinne, dabei sein ist alles.“