Der Stuttgart-Tatort lohnt sich – nicht nur, weil der Fernsehturm für den Fernsehkrimi geöffnet hat und die Stadt von dort oben so hübsch funkelt. Die Ausgabe ist spannend bis zum Schluss. Außerdem: Wann waren Sie zum letzten Mal im Hallschlag?

Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

Stuttgart - Wenn doch nur der Fernsehturm noch offen wär’! Im Stuttgart-Tatort, der am Sonntag im Ersten und anschließend in der ARD-Mediathek zu sehen ist, hat das Stuttgarter Wahrzeichen noch geöffnet – weil diese Ausgabe des Fernsehkrimis im Winter 2012/13 gedreht wurde, also noch bevor OB Fritz Kuhn sich überlegen konnte, den Turm aus Brandschutzgründen zu schließen.

 

Der Fernsehturm: Von dort oben hat man einen hübschen Blick auf die Stadt, hier wird die Staatsanwältin schon mal zur Erpresserin mit den allerbesten Absichten, hier schwebt man über den Problemen und Problemvierteln, die es auch in einer reichen Stadt wie Stuttgart zweifellos gibt.

Womit wir bei einem Thema dieses Tatorts wären, das die Stuttgarter Zuschauer gewiss ansprechen wird. Man sieht in diesem gut gemachten, bis zum Schluss spannenden Fernsehkrimi eine gespaltene Stadt. Eine, in der die Reichen in der Halbhöhe ihr geerbtes Geld verjubeln, während die Armen in Vierteln wie dem Hallschlag sich in kleinen Wohnungen auf den Geist gehen, ihre Aggressionen ausleben und auf den ersten Blick kein Anlass zur Hoffnung besteht, dass sich das jemals ändern wird.

Wenn diese Gegensätze aufeinandertreffen, wird es spannend; der Stuttgart-Tatort lebt in Teilen von dieser Reibung. Vielleicht ist dieser Film deshalb mit so viel Kennerschaft ausgeführt, weil der Regisseur Oliver Kienle vor nicht allzu langer Zeit an der Filmakademie in Ludwigsburg studiert hat. Vor allem zeigt er eine gespaltene Stadt, in der Arm und Reich nur beim Thema Geld überhaupt noch zusammenfinden.

Öfter mal in den Hallschlag

Mit dem Mord, um den es dabei geht, hat all das nur am Rande zu tun. Am Ende wird natürlich aufgeklärt, wer dem Sozialarbeiter Andreas Haber erst auf den Kopf geschlagen und ihn dann in der Kloschüssel ertränkt hat und warum. Sarah Baumbach (Ruby O. Fee) spielt dabei allerdings eine wichtige Rolle – nicht nur wegen des frühen Geständnisses, das ihr die Kommissare Lannert (Richy Müller) und Bootz (Felix Klare) nicht so recht abnehmen wollen.

Dieser Stuttgart-Tatort lohnt sich, nicht nur weil der Titel „Happy Birthday, Sarah“ auf den wirklich spannenden Höhepunkt der Geschichte verweist und Ruby O. Fee die clevere, aber leicht prollige Sarah Baumbach wunderbar verkörpert. Es steckt auch – im Gegensatz zu manch anderer Tatort-Ausgabe – viel lebensnaher Subtext darin.

So dürfte es regelmäßige Stuttgart-Tatort-Zuschauer interessieren, wie sich Kommissar Bootz nach der Trennung von seiner Frau im Leben neu einrichtet; mit welchen Problemen sich ein Stifter herumschlagen muss; und wie der Stuttgarter Hafen dieses Mal aussieht, wenn es zum Showdown mit den Verbrechern kommt. Vor allem aber zeigt dieser Tatort im übertragenen wie auch im Wortsinn tolle Ausblicke auf eine Stadt, die anders ist als es vielen ihrer Bewohner vielleicht scheint. Wann waren Sie zum letzten Mal im Hallschlag?

Der Stuttgart-Tatort im Kurzcheck

Schönste Krimifloskel: Referenz auf die US-Krimiserie CSI: „Die schaut Fernsehen. Handyortung ist bei CSI wie Rolle vorwärts beim Kunstturnen“, stellen die Kommissare Lannert und Bootz fest, als sie das Handy der entflohenen Sarah Baumbach in einer Mülltonne finden.

Heimliche Stilikone: Der Fernsehturm. Das Stuttgarter Wahrzeichen hatte während der Dreharbeiten noch geöffnet und der Blick von dort oben auf die erleuchtete Stadt ist fantastisch. Nach diesem Tatort will man sofort wieder rauf!

Gefühlter Moment, in dem der Fall gelöst ist: Als Kommissar Bootz nach der Action am Stuttgarter Hafen sein Siegerlächeln aufsetzt. Seine Kinder hatte er beim Einsatz nämlich dabei.