Wenn die Wiener Tatort-Macher dem Team aus Münster den Rang in Sachen Gags ablaufen wollen, haben sie sich mit „Grenzfall“ auf einen ganz guten Weg gemacht. Aber: man muss klamaukige Dialoge mögen, sonst sollte man besser nicht einschalten.

Stuttgart - Ob sich Jan Josef Liefers und Axel Prahl Sorgen machen müssen? Immerhin scheint ihr Thron als lustigstes Tatort-Duo zu wackeln. Denn „Grenzfall“ (Sonntag, 8. März 2015, 20.15 Uhr in der ARD und der ARD-Mediathek) aus Wien setzt nicht nur auf den Running Gag des schlecht gelaunten Kommissars Moritz Eisner (Harald Krassnitzer), sondern auch auf skurrile Dialoge und schräge Typen.

 

Alles beginnt mit einem Tschechen, der in bester Krimi-Manier direkt vor den Augen in der Erde wühlender Archäologen aus einem Kanu kippt und im Grenzfluss Thaya ertrinkt. Auch wenn dieser Abgang für das Opfer recht unerfreulich gewesen sein dürfte, rettet er doch Moritz Eisner und Bibi Fellner (Adele Neuhauser) aus ihrem öden Büroalltag – und vor dem neuen Kollegen Manfred Schimpf (Thomas Stipsits), der beim Lachen grunzt und zu gruseligen Wortspielen neigt: „Finden Sie nicht, dass die Akten komisch riechen? Irgendwie so nach Ärger, mit einem Hauch Bürokratie. Ich bin ein Geruchsjunkie, so ein echter Schnüffler.“ Haha.

Der tote Kanute jedenfalls war Agent beim tschechischen Geheimdienst und trieb sich schon zum zweiten Mal in der Gegend an der Grenze zur ehemaligen Tschechoslowakei herum. Sehr zu Eisners Missfallen treffen die beiden Ermittler dort auf den Journalisten Max Ryba (Harald Windisch), der aus dem Ort stammt und eine alte Familiengeschichte aufzuarbeiten hat. Auch der grüne Gutmensch und Abgeordnete Josef Karger (Lukas Resetarits) mischt irgendwie in der Sache mit. Und dann gibt es da noch den verschrobenen Fritz Gassinger (Charly Rabanser), der Tag und Nacht im Wald rund um den Fluss herumschleicht.

Wortgefechte und Lacher

Wenn die Wiener Tatort-Macher dem Münsteraner Team den Rang in Sachen Gags ablaufen wollen, haben sie sich mit „Grenzerfahrung“ auf einen ganz guten Weg gemacht. Auch wenn einige Wortspiele daneben gehen: den einen oder anderen Lacher kann man sich nicht verkneifen. Etwa wenn Bibi Fellner, die mitsamt ihrem Handy ein unfreiwilliges Bad in der Thaya genommen hat, den ersten Anruf auf ihrem neuen Telefon entgegennimmt und ganz trocken sagt: „Sie entjungfern gerade mein neues Handy, ich bin so aufgeregt.“

Herrlich abstrus auch die Szene, in der Eisner seiner Kollegin wegen ihrer Nachforschungen mit Max Ryba lautstark Vorwürfe macht. „Bibi, der da drinnen, das ist ein Journalist! Weißt du, wie oft der mir schon in die Suppe gespuckt hat? Und du machst mit ihm einen erotischen Hosentausch!“ Oder die irre Loch-im-Loch-Diskussion, wer diese Szene geschrieben hat muss vorher irgendein Kraut geraucht haben.

Aber: man muss es mögen. Wer mehr auf nüchterne und sachliche Krimis steht, wird sich an den skurrilen Wortspielen und Figuren stören. Und bitte hört doch auf, wieder und wieder auf Eisners traditioneller Übellaunigkeit rumzureiten. Er ist ein Grummel. Wir haben’s kapiert.

Der Tatort „Grenzfall“ im Kurzcheck:

Schönste Krimifloskel: „Wir müssen reden“, sagt Fritz Gassinger zu Josef Karger – wenn dieser Satz fällt, hat das für einen der Beteiligten meist unangenehme Folgen, so auch dieses Mal.

Heimliche Stilikone: Vaclav Nemec von der tschechischen Staatspolizei wird von Georg Mayrhofer wunderbar klischeehaft mit dunklem Schnauzbart und der Frisur eines schmierigen Gebrauchtwagenhändlers aus den 1990er Jahren dargestellt. Aber was bitte soll das mit dem Apfel, dem Kaugummi und den Bonbons?

Gefühlter Moment, in dem der Fall gelöst ist: Auch wenn man nach gut einer Stunde ein Gefühl hat, in welche Richtung der Fall laufen könnte, kommt man dem eigentlichen Täter erst kurz vor Schluss auf die Spur.