Die Gemeinden im Kreis Göppingen sind auf einen flächendeckenden Stromausfall bisher nicht vorbereitet. Kaum ein Krisenstab könnte arbeiten. Das kleine Birenbach will das ändern.

Baden-Württemberg: Eberhard Wein (kew)

Birenbach - In Bad Überkingen haben nur wenige Zentimeter gefehlt. Als im Jahr 2013 ein Hochwasser den Ort flutete, drohten auch zwei Transformatorenhäuschen voll zu laufen. „Wir waren kurz davor, sie vom Netz zu nehmen“, erinnert sich der Bad Überkinger Feuerwehrkommandant Michael Baumeister. Dann hätte es rund um das Badhotel und im Wohngebiet Amtswiese voraussichtlich mehrere Tage lang keinen Strom gegeben. Dass dort ein Mann wohnt, der auf ein elektrisches Beatmungsgerät angewiesen ist, erfuhr der Kommandant eher zufällig von einem Passanten. Der Patient wurde daraufhin vorsorglich ins Krankenhaus verlegt.

 

Nachbarschaftshilfe funktioniert nicht immer

Es sind solche Fälle, die den Birenbacher Bürgermeister Frank Ansorge beschäftigen. „Wir haben keine Ahnung, wie viele Menschen auf die Stromversorgung angewiesen sind.“ Zwei Stunden können normale Akkus überbrücken. Doch was ist bei einem Stromausfall, der über viele Stunden und Tage andauert und der sich nicht nur auf einzelne Straßenzüge beschränkt? „Wir hätten einen großen Generatoranhänger vom Albwerk geholt“, sagt Baumeister. Doch das geht natürlich nur, wenn der nicht anderswo gebraucht wird.

Statistisch sei die Zahl von Stromausfällen nicht gestiegen, sagt Dagmar Jordan vom Energieversorger EnBW. Doch extreme Wettersituationen, die Energiewende und die Furcht vor Terrorismus ließen das Risiko flächendeckender Black Outs höher erscheinen. Das Regierungspräsidium Karlsruhe hat deshalb im vergangenen Jahr federführend für das gesamte Land einen „Musternotfallplan Stromausfall“ erarbeitet. Die Kommunen sollten sich darauf vorbereiten, im Falle eines Falles nicht auf Hilfe von außen zu vertrauen, sondern mit eigenen Mitteln auszukommen, lautet der Appell der Behörde. Doch bisher dürften die wenigsten Städte und Gemeinden dazu in der Lage sein.

Appell des Kreisbrandmeisters verhallt

Jetzt hat sich das kleine Birenbach daran gemacht, zusammen mit der EnBW-Tochter RBS wave ein umfassendes Versorgungskonzept zu erstellen. Die Gemeinde mit ihren 1800 Einwohnern ist die erste Kommune im Kreis, die sich mit dem Thema beschäftigt. Adelberg will nach der Sommerpause folgen. Dabei hat auch der Kreisbrandmeister Michael Reick den Bürgermeistern ins Gewissen geredet. Doch die Vorsorge für den Notfall ist ein weites Feld und kann ziemlich ins Geld gehen. „Man kommt von einer Fragestellung zur nächsten“, stöhnt Bürgermeister Ansorge.

Er weiß längst, dass bei einem Stromausfall in seinem Rathaus nicht mehr viel funktionieren würde. „Wir könnten nicht einmal eine Nottrauung vornehmen, weil wir nicht ins Melderegister kämen.“ Auch der örtliche Krisenstab könnte kaum arbeiten. Ohne Strom fiele die Telefonanlage aus. Das Handynetz wäre tot, weil die Funkmasten aussetzten. Und im Feuerwehrhaus ließen sich die elektrischen Tore nur noch mit dem Notschlüssel öffnen – „falls derjenige, der den Schlüssel hat, gerade da ist“, sagt Ansorge.

Die Kommune kann nicht jedes Problem lösen

Ohne zusätzliche Notstromaggregate dürfte es nicht gehen. Doch das heißt, dass auch Diesel gebunkert werden muss. Oder kann mit Kraft-Wärme-Kopplung ein Versorgungssystem etabliert werden, das im Notfall das Rathaus und die Gemeindehalle als Notfallunterkunft autark versorgt? Die Experten der RBS wave haben durchaus Ideen. Gleichzeitig wollen sie die Gemeinde vor unnötigen Ausgaben bewahren. „Wir können nicht jeder privaten Notlage vorbeugen“, sagt Ansorge. Die Funktionsfähigkeit von Kühltruhen oder Alarmanlagen zu sichern, sei keine öffentliche Aufgabe.