Die Absicherung des Armutsrisikos Berufsunfähigkeit funktioniert nicht. Denn praktisch sind nur Akademiker und Büroangestellte mit guter Ausbildung in der glücklichen Lage, überhaupt eine solche Versicherung zu günstigen Bedingungen zu bekommen.

Korrespondenten: Barbara Schäder (bsa)

Frankfurt - Braucht man eine Berufsunfähigkeitsversicherung? Das ist eine akademische Frage – im Wortsinn. Denn praktisch sind nur Akademiker und Büroangestellte mit guter Ausbildung in der glücklichen Lage, überhaupt eine solche Versicherung zu günstigen Bedingungen zu bekommen. Schon wer bei der Arbeit lange stehen muss, wie etwa eine Verkäuferin, wird von den meisten Versicherern als erhöhtes Risiko betrachtet und zahlt entsprechend drauf. Ganz zu schweigen von Berufen, bei denen erhebliche Verletzungsgefahr besteht, etwa im Handwerk.

 

Berufsunfähigkeitsversicherungen sind also besonders teuer für diejenigen, die sie am dringendsten brauchen. Außer für die genannten Berufsgruppen gilt das natürlich auch für alle Menschen, die gesundheitlich oder psychisch angeschlagen sind. Ihnen bleibt oft nur der Abschluss einer Versicherung mit deutlich geringerem Schutzniveau: Eine Erwerbsunfähigkeitsversicherung etwa greift erst, wenn der Betroffene wirklich gar nicht mehr arbeiten kann. Eine Unfallversicherung hilft nichts, wenn die Arbeitsunfähigkeit durch Krankheit verursacht wurde. Eine „Dread Disease“-Versicherung wiederum deckt nur ganz bestimmte Krankheitsrisiken ab.

Ein gesellschaftliches Problem

Der unzureichende Schutz ist nicht nur ein Problem der Betroffenen, sondern der gesamten Gesellschaft. Zwar hat der Staat mit der Reduzierung des gesetzlichen Schutzniveaus auf die Erwerbsminderungsrente die gesetzliche Rentenkasse entlastet. Das nützt aber nichts, wenn künftig ein erheblicher Anteil der Erwerbsminderungsrentner auf Sozialleistungen angewiesen ist, weil sie eine private Zusatzversicherung entweder nicht bekommen oder nicht bezahlen konnten.

Ein Ausweg wäre, die gesetzliche Erwerbsminderungsrente aufzustocken und sie auch Selbstständigen zu zahlen – die dann allerdings auch Beiträge an die gesetzliche Rentenkasse leisten müssten. Eine einfachere und vermutlich auch günstigere Alternative hat schon 2010 der ehemalige Versicherungsombudsmann Wolfgang Römer skizziert: Er forderte einen gesetzlichen Anspruch auf Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung. Die Prämien für Hochrisikogruppen könnten entweder staatlich bezuschusst oder aber der Leistungskatalog eingeschränkt werden, so sein Vorschlag.