Nach zehn Folgen sind die durchtriebenen Wiener „Vorstadtweiber“ im Ersten zu Ende gegangen. Die Serie hat es geschafft, Witz und Bosheiten auf die Spitze zu treiben. Nun heißt es: Warten auf die zweite Staffel.

Kultur: Adrienne Braun (adr)

Stuttgart - Männer, das ist gemeinhin bekannt, sind Schweine. Ihre Opfer sind die armen Frauen. Oder? Nach zehn Folgen der „Vorstadtweiber“ besteht kein Zweifel mehr: Frauen sind so gerissen und ausgefuchst wie Männer. Sie intrigieren, tricksen, manipulieren. Wer glaubt, Frauen könnten nicht mehr aufbieten als weibliche Waffen, der irrt gewaltig. Nicoletta und Walli, Sabine und Anna sind knallharte Weiber. Vorstadtweiber.

 

Nun ist sie schon wieder zu Ende, die erste Staffel der „Vorstadtweiber“, der österreichischen Variante von „Desperate Housewives“ – leider, leider. Denn die Serie am Dienstagabend im Ersten besaß Qualitäten, wie man sie nicht oft im Fernsehen geboten bekommt: witzig, komplex, frech, prägnante Rollen und gute Schauspieler. Und vor allem waren die „Vorstadtweiber“ sehr, sehr böse. Für manche mag es zu böse gewesen sein, wie die Männer ihre krummen Geschäfte auf dem Golfplatz einfädeln und ihren Frauen halbkriminelle Verträge unterjubeln. Wie Nicoletta ihren Freundinnen gefälschte Designermode für horrende Preise andreht, wie die Walli mit ihrem Nachhilfeschüler schnackselt (und prompt schwanger wird). Wie Nicoletta mit dem Josef schnackselt und die Caro mit dem Berti schnackselt und die Sabine mit dem Berti schnackselt und der Georg mit dem Schnitzler schnackselt. . .

Wo sonst als in der Stadt von Dr. Freud

„Vorstadtweiber“ hat polarisiert, so wie es vor ein paar Jahren die fulminante Serie „Klimawechsel“ von Doris Dörrie tat, die ebenfalls schonungslos menschliche Schwächen zur Farce zuspitze. Es passt, dass der ungeschönte Blick in die Abgründe nun in Wien stattfand, der Geburtsstadt der Psychoanalyse. Wo kann man tiefer fallen als in der besseren Gesellschaft der Wiener Nobelviertel? Da rechnet man selbstverständlich mit Filz und Korruption – und natürlich gibt es einen schwulen Friseur, den geldgierigen Banker, einen skrupellosen Politiker und Ehefrauen, die sich ihre Tage mit Prosecco, Lockenwickeln und Sexspielzeug versüßen. Was sie die letzten sieben Jahre gemacht habe, wird die frisch geschiedene Sabine (Adina Vetter) auf dem Arbeitsamt gefragt: „Ich war shoppen.“

Aber diese herrlich amüsante Serie hat sich eben nicht auf Klischees ausgeruht, sondern die Stereotypen ständig gebrochen und konterkariert. Dabei ging es auch nur vordergründig um Geschlechterkampf und das abgedroschene „Frauen können nicht einparken“ (wenn Vorstadtweiber den SUV an die Garagenwand setzen, dann nur, um den Ehemann über den Haufen zu fahren). Es ging vielmehr darum, wie raffiniert Menschen versuchen, für sich das Beste herauszuholen – und sich aus dem Sumpf strampeln müssen, in den sie aus reiner Gier gehüpft sind.

Winkelzüge in unerwartete Richtungen

Und wir Zuschauer? Wir sind doch kaum besser als Georg und Josef, Anna und Caro, wir haben doch selber versucht, den Figuren einen Schritt vorauszusein, im Kopf noch raffiniertere Intrigen auszuhecken – und wurden doch stets von dem brillanten Drehbuch überholt, das selbst gröbste Gemeinheiten toppte und jeden Winkelzug in unerwartete Richtungen lenkte. Ob der Georg jetzt tot ist, weil die Maria in der Garage aufs Gaspedal getreten hat? Wenn es im Mai 2016 weitergeht mit der zweiten Staffel, wird ja doch alles anders kommen als gedacht. Und wird man staunen, mit wem der Schnitzler diesmal schnackselt.