Vorstandsbeben bei Porsche Warum Lutz Meschke auch um seinen zweiten Porsche-Posten bangen muss

Lutz Meschke hat nicht nur bei der Porsche AG eine wichtige Position inne. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski/Leif Piechowski

Der Stuttgarter Sportwagenhersteller Porsche AG stellte seinem Vizechef Meschke Knall auf Fall den Stuhl vor die Tür. Dieser hat aber noch einen weiteren Vorstandsposten – bei der Porsche SE. Wie sicher ist sein Job dort?

Automobilwirtschaft/Maschinenbau : Klaus Köster (kö)

Noch am 23. August 2024 war die Welt bei Porsche in Ordnung. „Lutz Meschke hat das Beteiligungsgeschäft der Porsche SE in den vergangenen Jahren erfolgreich weiterentwickelt“, erklärte Wolfgang Porsche, Aufsichtsratschef der Stuttgarter Holdinggesellschaft Porsche SE. „Wir werden unsere Investitionsaktivitäten künftig noch weiter ausbauen und zählen dabei auf seine Erfahrung und Expertise.“

 

Dass man bei Porsche damals nicht im Entferntesten an einen Rauswurf Meschkes dachte, zeigt sich auch an einer weitreichenden Weichenstellung vom gleichen Tag: Meschkes Vorstandsvertrag bei der SE wurde um fünf weitere Jahre verlängert. Da sein bestehender Vertrag damals noch eine Restlaufzeit von fast einem Jahr hatte, läuft Meschkes Bestellung nun bis zum 30. Juni 2030.

Beim Börsengang in Frankfurt im Jahr 2022 packten Porsche-Chef Oliver Blume (li.) und Meschke den Bullen bei den Hörnern. Foto: www.imago-images.de/IMAGO/Hannelore Foerster

Seit vergangenen Samstag aber ist alles anders: In einer dürren Mitteilung gab der Stuttgarter Sportwagenhersteller Porsche AG, Tochter der Porsche SE, bekannt, der Aufsichtsrat habe seinen Vorsitzenden beauftragt, mit Meschke Gespräche über dessen vorzeitiges Ausscheiden aus dem AG-Vorstand zu führen. Dieser Aufsichtsratsvorsitzende, der Meschke nun aus der AG bugsieren soll, ist der gleiche, der für Meschke vor nicht einmal einem halben Jahr so wertschätzende Worte gefunden hatte: Wolfgang Porsche leitet sowohl bei der Porsche AG als auch bei der Porsche SE den Aufsichtsrat. Kann er als Chefaufseher der AG das Vertrauen in Meschke verloren haben, es als Aufsichtsratschef der SE aber weiter besitzen? Daran gibt es erhebliche Zweifel, auch wenn die SE sich zu der Thematik nicht äußert.

Meschke kontrolliert weiter Blume – kann das gutgehen?

Im Vorstand der der AG ist Meschke – noch – für Finanzen und IT verantwortlich, bei der SE für das Geschäft mit Beteiligungen. Dazu gehören auch milliardenschwere Aktienpakete am Volkswagen-Konzern und eben an Porsche.

Bei beiden Unternehmen heißt der Chef Oliver Blume. Behält Meschke sein Amt bei der SE, besitzt er weiter zumindest indirekt eine Kontrollfunktion gegenüber Blume, der bisher bei der AG sein Chef ist und mit dem er sich so überworfen haben dürfte, dass der Aufsichtsrat die Zusammenarbeit beenden will. Diese Konstellation zwischen Meschke und Blume ist ohnehin kompliziert; vor dem Hintergrund von Meschkes Rauswurf bei der AG aber erscheint sie kaum noch praktikabel.

Nicht einfacher werden die Verhältnisse auch durch die Eigentumsverhältnisse des Porsche-Komplexes. Die Familien Porsche und Piëch besitzen an der Porsche SE einen Kapitalanteil von 50 Prozent, und das gezeichnete Kapital besteht je zur Hälfte aus stimmberechtigten Stamm- und aus stimmrechtslosen Vorzugsaktien. Diese Hälfte, die aus Stammaktien besteht, gehört komplett den Familien, so dass diese faktisch allein das Sagen über die kleine, milliardenschwere Holdinggesellschaft haben.

Die SE ist das Vehikel der Familien

Der Porsche SE wiederum gehören gut 30 Prozent der Volkswagen-Aktien – und auch hier ist die Unterscheidung zwischen Stamm- und Vorzugsaktien wichtig. Wegen des höheren Anteils an Stammaktien halten die Familien über ihr Vehikel Porsche SE trotz ihres Minderheitsanteils beim Kapital rund 53 Prozent der Stimmrechte am VW-Konzern, der wiederum 75 Prozent an der Porsche AG hält.

Seit dem Börsengang der AG im Herbst 2022 gehören der Porsche SE außerdem direkt 25 Prozent der Stammaktien des Sportwagenherstellers. Die normalen Anleger, die seit dem Börsengang AG-Aktien besitzen, halten dagegen lediglich stimmrechtslose Vorzugsaktien. Sie werden dafür mit einer etwas höheren Dividende entschädigt.

Enge Verflechtungen im Porsche-VW-Reich

Volkswagen, SE und AG sind somit aufs Engste miteinander verflochten, kapitalseitig und personell. Formal sind Meschkes Vorstandsposten bei AG und SE allerdings nicht aneinander gebunden. Im Gegenteil – rechtlich sind beides völlig eigenständige Unternehmen. Meschke wurde als Person in den Vorstand der SE berufen, nicht als Vertreter der AG; umgekehrt leitet sich auch sein Mandat beim Sportwagenhersteller nicht aus seiner Funktion bei der Holding ab.

Nun gilt es für Aufsichtsratschef Wolfgang Porsche, mit Meschke über die Konditionen des Ausscheidens zu verhandeln – laut offizieller Mitteilung geht es dabei um die AG. Dort verdiente er im Jahr 2023 insgesamt 3,6 Millionen Euro, bei der SE waren es 824 000 Euro. Sein Verhandlungsgeschick im Sinne des Unternehmens bewies Meschke nicht zuletzt beim Börsengang, der ungeachtet der späteren Turbulenzen auch heute als Meisterstück des Kapitalmarkt-Managements gilt. Er brachte das riesige Projekt vor Jahren im Alleingang gegen große Widerstände aus dem Wolfsburger Mutterkonzern auf die Tagesordnung und ließ nicht locker, bis er es durchgedrückt hatte. Einknicken ist seine Sache nicht.

Auch in eigener Sache kann Meschke gut verhandeln. Im April 2023 erhielt er bei der SE eine dreimalige Gehaltserhöhung: Sein Festgehalt stieg um elf Prozent auf 600 000 Euro, der Zielbonus verdoppelte sich auf eine halbe Million Euro und der jährliche Versorgungsbeitrag verdreifachte sich gar auf 180 000 Euro. Ein Spaziergang werden die Verhandlungen für Wolfgang Porsche somit nicht. Zumal nicht nur Meschkes SE-Vertrag noch mehr als fünf Jahre läuft. Auch sein Vertrag bei der AG läuft noch lange – er wurde erst im Januar 2022 um fünf Jahre verlängert.

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