Jürgen Wöhler hat den Vorsitz des Heimatpflegevereins übernommen. Der Jurist sucht Kooperationen und hat sich zahlreiche Projekte vorgenommen.

Gerlingen - Die Mitgliederzahl steigern, den Altersdurchschnitt senken, die Präsentation nach außen auch mit einer Internetseite verbessern, eine Publikation zum 200 Jahre alten Schulhaus samt Stadtmuseum herausbringen, den Stadtrundweg aktualisieren, die Kooperation mit der Stadtverwaltung suchen – Jürgen Wöhler hat sich viel vorgenommen. Der 67-Jährige, ehemals Beamter und Banker und heute Rechtsanwalt, ist der neue Vorsitzende des Vereins für Heimatpflege. Seine Agenda ist ein A-4-Blatt mit handschriftlichen Notizen. Der CDU-Mann trat die Nachfolge der SPD-Frau Brigitte Fink an, die das Amt zehn Jahre lang innehatte.

 

Er habe sich nie für Ehrenämter aufgedrängt, meint Wöhler, „ich bin eben gefragt worden, und einer muss es machen“. Dazu erwähnt er, nur als Beispiele, seine Funktion als Schatzmeister des Institut Français in Stuttgart oder sein Amt im Vorstand des deutsch-koreanischen Wirtschaftskreises. Seit 1963 wohnt Wöhler in Gerlingen, ist damals mit den Eltern in das Haus auf der Höhe gezogen, von dem aus man einen fantastischen Rundblick auf die Stadt und das gesamte Strohgäu hat. Einer der Vorbesitzer habe dort Menschen bewirtet, meint der Hausherr; er habe später das Haus für seine Familie mit vier Söhnen erweitert. Heute zeige er seinen Besuchern, wo der Wein wachse, den er zur Begrüßung anbiete. Auch deshalb plant er eine Veröffentlichung über Gerlingen als Weinbaugemeinde. Diese bot früher mit 140 Hektar Rebfläche vielen Weingärtner ein Auskommen. Heute sind es wenige, die sechs Hektar bewirtschaften. Auch der hier wachsende Wein ist Heimat.

Doppelstudium als Basis

Seit 2012, dem Jahr der Rückkehr aus Korea, ist Wöhler wieder in Gerlingen ansässig. In Seoul war er fünf Jahre lang der Geschäftsführer der Deutsch-Koreanischen Handelskammer. Zuvor verantwortete er 20 Jahre lang bei der Landesbank Baden-Württemberg das Auslandsgeschäft. In den Achtzigern hatte er nach dem Studium der Rechtswissenschaften sowie der Volkswirtschaft, Geschichte und Politik eine Beamtenkarriere angestrebt: Leiter des Baurechtsamts im Kreis Ludwigsburg, Arbeit in der Vertretung des Landes in Bonn, erste Station in Seoul für zwei Jahre. Nun ist er wieder in Gerlingen, freischaffend in der Schiedsgerichtsbarkeit tätig.

Und er beschäftigt sich mit dem Thema Heimat. „Das ist dort, wo ich mich zuhause fühle“, meint Wöhler, der auch CDU-Mitglied ist. Auf der Liste für die Gemeinderatswahl 2019 wolle er allenfalls „ganz weit hinten“ stehen, sagt er lachend. Er kennt viele Leute, treffe beim Einkaufen immer Bekannte, und er sieht auch den Heimatpflegeverein gut vernetzt. In Gerlingen verbinde sich das Dörfliche, Kleinteilige und Intime mit der städtischen Atmosphäre. „Das ist der Gegenentwurf zu Stuttgart.“ Mit der U-Bahn sei man in kurzer Zeit dort. Dennoch gebe es in Gerlingen „ein paar Dinge, an denen man nur kopfschüttelnd vorbeigehen kann“. Genauer will er aber nicht werden, auch den Rathausplatz nicht bewerten. Der stand nach der Neugestaltung 2008 stark in der Kritik.

Nahe bei den Menschen

Trotzalledem will der neue Vorsitzende zusammen mit anderen „das Heimatgefühl stärken“ und mehr junge Leute mit Projekten anwerben. Der Verein mit seinen 260 Mitgliedern habe im Ortsbild einiges erreicht, auch in der Infrastruktur und zum Thema Sicherheit. „Wir haben eine schöne Stadt, die die Identifikation erleichtert. Ich weiß das sehr zu schätzen.“ In Gerlingen sei man nahe bei den Menschen und den Bauwerken ihrer Stadt. Wöhler denkt auch an eine Kooperation mit dem Stadtmarketingverein, die Ziele beider Vereine würden sich sicher zur Hälfte überschneiden. Auch die Stadtentwicklung sei ein Thema, mitsamt dem täglichen Verkehr.

Fazit: Das betuliche Bewahren ist nicht sein Ziel. Eher das Erlebbarmachen der Stadt. „Rein defensiv zu sein ist keine sinnvolle Strategie. Wir sind mit Veränderungen konfrontiert. Ich will etwas bewegen.“