SPD-Landeschefin Leni Breymaier verlangt ein Kopftuchverbot für minderjährige Mädchen – und die Südwest-CDU will das Tragen von Burkas untersagen lassen. Beide Vorschläge kommen bei Grünen und FDP nicht gut an. Die AfD hingegen frohlockt.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Vorschläge zur Integrationspolitik bergen nicht selten das Risiko des Vorwurfs, der AfD hinterher zu laufen. Zwei Vorstöße aus CDU und SPD in Baden-Württemberg zu Bekleidungsvorschriften für Frauen lösen daher sehr gemischte Reaktionen aus. Zunächst hatte die SPD-Landesvorsitzende Leni Breymaier im „Spiegel“ ein Kopftuchverbot für unter 18-jährige Mädchen gefordert. Dann stimmte die CDU auf ihrem Landesparteitag für ein allgemeines Burkaverbot. Das Echo ist groß – mitunter verlaufen die Linien mitten durch die Parteien.

 

SPD-Landeschefin will Mädchen schützen

Leni Breymaier will die Zuwandererkinder schützen: Ihnen dürfe kein Kopftuch aufgezwungen werden. Lehrkräfte berichteten ihr, dass Mädchen aus anderen Kulturkreisen auf dem Schulgelände als „Hure und Schlampe“ beschimpft würden, wenn sie ihr Tuch ablegen. Sie „werden in einen Kulturkampf hineingezogen, das möchte ich nicht“. Breymaier räumt ein, eine Minderheitsmeinung in der SPD zu vertreten. „Ich weiß, dass nicht alle begeistert sein werden über meine Haltung.“ Doch „Frauenrechte dürfen uns auch an dieser Stelle nicht egal sein“. Ihr Sprecher ergänzt, dass es dazu viele Nachfragen, Zustimmung und Ablehnung gegeben hätte.

JU-Antrag erzielt die CDU-Mehrheit

Derweil soll Innenminister Thomas Strobl in der Regierung ein generelles Burka-Verbot durchsetzen, verlangt die Landes-CDU. Im Oktober 2016 hatte sie mit anderen Fraktionen im Landtag noch gegen einen entsprechenden AfD-Antrag votiert und stattdessen die Hoffnung auf eine bundesweite Regelung geäußert. Nun ließ sie sich auf dem Parteitag in Rust von der Jungen Union in die Offensive drängen.

Grüne kritisieren „Polarisierung statt Dialog“

Die Führung der Landes-Grünen reagiert reserviert: „Die Symboldebatten um Kopftuch- und Burkaverbote tragen nichts dazu bei, die wichtige Aufgabe der Integration zu lösen“, äußern die Landesvorsitzenden Sandra Detzer und Oliver Hildenbrand gegenüber unserer Zeitung. Baden-Württemberg blicke auf eine lange, erfolgreiche Tradition der Zuwanderung zurück, in der Menschen durch Dialog und Offenheit zueinander gefunden hätten. „Wenn es das Ziel ist, die Selbstbestimmung von Frauen zu stärken, sind staatlich verordnete Kleidungsvorschriften der falsche Weg.“ Die Debatten bei CDU und SPD „bringen Polarisierung statt Dialog voran und lassen ein klares Bekenntnis zum Zusammenhalt in einer vielfältigen Gesellschaft vermissen“.

FDP-Landeschef Theurer dagegen – Lindner dafür

Auch FDP-Landeschef Michael Theurer hält nichts von einer „staatlich verordneten Kleiderordnung im öffentlichen Raum“. Das Grundgesetz lasse ein Burka- und Kopftuchverbot nur zu, wenn dabei die weltanschauliche Neutralität gewahrt bleibe. In der Folge könnte davon auch das christliche Nonnenhabit betroffen sein. Zudem „stellt die Durchsetzung solcher Verbote für die Polizei eine bürokratische Belastung dar“, sagte er. „Die Regelungen zum Vermummungsverbot bei Demonstrationen reichen zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung völlig aus.“ Parteichef Christian Lindner hatte vor Monaten noch Erwägungen des NRW-Integrationsministers Joachim Stamp (FDP) begrüßt, das Tragen des Kopftuchs bis zur Religionsmündigkeit, also dem 14. Lebensjahr, zu untersagen.

AfD findet die Vorstöße „durchsichtig“

Die AfD, die sich für ein völliges, altersunabhängiges Kopftuch- und Niqab-Verbot einsetzt, fühlt sich erwartungsgemäß in ihrer Haltung bestätigt. „Durchsichtig“ findet Landessprecher Ralf Özkara den Burka-Beschluss der CDU angesichts der nächsten Wahlen. „Hier wird sich ganz klar bei AfD-Positionen bedient.“ Die Junge Union werde allmählich „zum konservativen Taktgeber in der CDU“, befindet er. Ferner setze sich „ausgerechnet Leni Breymaier“ für eine Forderung ein, „für die die AfD von der SPD in der Vergangenheit geradezu geschlachtet wurde“, sagt Özkara. Breymaier versuche offenbar, ihre Partei mit einer nicht allzu harten Forderung zu bedienen.